Oberprex/Hof "Absurde Fehleinschätzung"

Nach dem Gerichtsurteil des Verwaltungsgerichts vom Mittwoch sind die Anwohner des kleinen Dorfs Oberprex in Sorge: Könnte es im kleinen Ort schon bald wieder einen rechten Treffpunkt geben? Foto: Uwe Dorn

Die VVN-BdA ist über das Gerichtsurteil zum einstigen Oberprexer Nazi-Treff empört. Im Zentrum ihrer Kritik steht der bayerische Verfassungsschutz.

 
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Oberprex/Hof - Scharfe Kritik übt die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes/Bund der Antifaschisten (VVN-BdA) Hof-Wunsiedel an der Entscheidung des bayerischen Verwaltungsgerichtshofs zum einstigen Neonazi-Treffpunkt in Oberprex . "Unfassbar" sei das Urteil, demzufolge die Beschlagnahmung des Hauses durch den Freistaat rechtswidrig gewesen sei, meint die Kreisvorsitzende Eva Petermann in einer Pressemitteilung. Und sie fragt: "Hat sich die beklagte bayerische Staatsregierung etwa vom eigenen Verfassungsschutz vorführen lassen?" Bei dieser Vermutung stützt sich Petermann auf Erkenntnisse des Münchner SPD-Landtagsabgeordneten und VVN-Mitglieds Florian Ritter, der nach dem Urteil ebenfalls mit einer eine Presseerklärung an die Öffentlichkeit gegangen ist. Zwar hätten die Richter eingeräumt, dass eine Einziehung des Hauses im Rahmen eines Vereinsverbots "unter engen Voraussetzungen zulässig" sei, erklärt Petermann und fügt hinzu: Schließlich habe das "Gemeinwohl" der Gemeinde Regnitzlosau auf dem Spiel gestanden, wie es in Artikel 14 und 15 des Grundgesetzes, den "Enteignungsparagrafen", heiße. Doch den Ausschlag für das Urteil habe offenbar ausgerechnet eine Einschätzung des bayerischen Verfassungsschutzes gegeben, meint Petermann unter Berufung auf Florian Ritter: Die Neonazikameradschaft, so wird der Verfassungsschutz zitiert, sei dermaßen konspirativ vorgegangen, dass der Hausherrin, der Mutter des Neonazis Tony Gentsch, eine Kenntnis von "der Nutzung durch das mittlerweile verbotene Freie Netz Süd (FNS)" nicht nachzuweisen sei.

Dies ist für die VVN-BdA "angesichts des jahrelangen Treibens in dem Anwesen eine nahezu absurde Fehleinschätzung". Die Klägerin, also die Mutter von Tony Gentsch, hatte Wohnhaus und Scheune gekauft, "wo später Schulungen, Feste und Konzerte stattfanden, in mit Nazi-Devotionalien wie Hitlerbildern und Reichsflaggen ausstaffierten Räumlichkeiten", berichtet Petermann. Im Internet und an der Gebäudefassade seien das "Nationale Zentrum Hochfranken" beworben worden wie auch der verbotene Versand "Final Resistance". Spätestens seit 2010 gab es zunehmende Proteste gegen die braunen Umtriebe, bis die Staatsregierung 2014 das "FNS" verbot und das Anwesen kassierte. Dazu VVN-Vorstandsmitglied Ulrike Dierkes-Morsy: "Das war ein harter Schlag für die rechte Szene, die wohl schon von einer ,national befreiten Zone’ geträumt hatte." Endlich konnte der kleine, ruhig gelegene Ort aufatmen.

Vor zwei Jahren wurde die Beschlagnahmung und Einziehung vom Verwaltungsgericht Bayreuth juristisch abgesegnet. Thomas Etzel, stellvertretender VVN-Vorsitzender, zitiert die damalige Bewertung eines Vertreters des Innenministeriums vor Gericht: Die Schutzbehauptung der Vermieterin, wenig mitbekommen zu haben, sei "völlig lebensfremd". Obendrein, so die Aussage der beklagten Behörde, habe seinerzeit das Landratsamt in Hof Gentschs Mutter extra angeschrieben, um sie auf die verfassungswidrigen Aktivitäten in dem Haus hinzuweisen.

Die VVN warnt: Bleibe es beim Erfolg der Klage, sei mit deren "triumphalen Wiedereinzug in Oberprex zu rechnen". Das Urteil setze ein "fatal falsches Signal". Die Landesregierung müsse gegen die Nichtzulassung der Revision möglichst bald Beschwerde einlegen. Das werde "der Prüfstein dafür sein, wie ernst die öffentlichen Beteuerungen gegen den Rechtsterror zu nehmen sind". red

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