Südostlink Tennet will schon im Oktober loslegen

Mit einem derartigen Gerät will Tennet die Kabel auch im Landkreis Wunsiedel unter Hindernissen hindurchziehen. Foto: /Bernd Wüstneck/dpa

Der Konzern mit Sitz in Bayreuth stellt einen Antrag für den vorzeitigen Baubeginn. Damit könnten die Arbeiten vor dem Planfeststellbeschluss.

 
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Wenn in der Region jemand vom geplanten Südostlink betroffen ist, dann ist es Udo Zinßer. Die Gleichstromleitung, die Windstrom von Norddeutschland nach Isar bei Landshut befördern soll, würde gleich zwei seiner Felder durchschneiden – einmal bei Grafenreuth und einmal bei Korbersdorf. Zusammen mit weiteren Betroffenen hat er daher eine Eigentümer-Interessensgemeinschaft gegründet und sich auch an an den Landtagsabgeordneten Martin Schöffel gewandt. „Es gibt noch viel zu klären“, sagt er im Gespräch mit unserer Zeitung. Unter anderem sorge er sich um die Drainagen, die seine Grundstücke entwässern. „Da liegen alte Tonrohre unter der Erde. Diese sind noch intakt, allerdings befürchte ich, dass sie mit dem Bau der unterirdischen Leitung durchtrennt werden. Tennet wird sie zwar flicken lassen. Aber was, wenn später ein Problem auftritt? Uns ist mit der Dienstbarkeitseinigung untersagt, innerhalb des Schutzstreifens zur graben. Wer macht das dann?“

Tennet beantragt vorzeitigen Baubeginn

Fragen, die Zinßer und andere Betroffene umtreiben. Umso mehr erstaunt sie, dass Tennet genau auf dem Abschnitt zwischen Münchenreuth an der bayerisch-thüringischen Grenze bis Korbersdorf schon bald mit dem Bau beginnen will.

Der mit den Arbeiten betraute Netzbetreiber Tennet mit Sitz in Bayreuth beabsichtigt einen vorzeitigen Baubeginn. Dazu stellte das Unternehmen einen Antrag bei der Bundesnetzagentur. „Dieser beschleunigt das Verfahren für die Abschnitte von Münchenreuth bei Feilitzsch bis Marktredwitz und für den Raum Isar“, heißt es in einer Mitteilung. Tennet hat den Antrag auf vorzeitigen Baubeginn gemäß Paragraf 44 c Energiewirtschaftsgesetz für die ersten Kilometer der Erdkabelleitung Südost-Link bei der Bundesnetzagentur eingereicht. Normalerweise müsste das Unternehmen zunächst den Planfeststellungsbeschluss abwarten.

Laut Tim Meyerjürgens vom Tennet-Vorstand ist ein vorgezogener Baustart äußerst hilfreich, um das Projekt voranzubringen. „Wenn wir im Oktober starten dürfen, beschleunigen wir die Baumaßnahmen nicht nur, wir können zudem bei auftretenden Unwägbarkeiten deutlich flexibler reagieren.“

Baumfällungen notwendig

Zunächst geht es bei den vielleicht im Herbst beginnenden Arbeiten um mehrere sogenannte Horizontalbohrspülungen. In Isar bei Landshut will der Konzern außerdem einen Konverter bauen, einen Verbindungspunkt zwischen Gleich- und Wechselstromleitungen. Auf diese beiden Projekte und einige dafür notwendige Baumfällungen beschränkt sich der gestellte Antrag.

Tennet kündigt in einer Mitteilung allerdings zugleich an, in den kommenden Monaten weitere Anträge auf vorzeitigen Baubeginn für die Verlegung der ersten Kilometer von Gleichstrom-Erdkabeln zu stellen. Die Tiefbaumaßnahmen sind für das Frühjahr 2024 vorgesehen. Tennet rechnet im September mit einer Entscheidung der Bundesnetzagentur zu den eingereichten Anträgen.

Für Udo Zinßer ist dies ein Unding, haben der Konzern oder das für die Verhandlungen beauftragte Subunternehmen doch noch gar nicht alle Unterschriften der Grundstückseigner. „Noch sind so viele Fragen offen. Unter anderem geht es darum, wann Baufahrzeuge auf die Felder fahren dürfen. Bei Feuchtigkeit graben die schweren Fahrzeuge alles um. Und wie sieht es eigentlich mit möglichen unterirdischen Wasserströmungen entlang der Leitungen aus?“

Noch viel Gesprächsbedarf

Wie der Grafenreuther Zinßer sagt, hat er jüngst erfahren, dass es jetzt doch noch ein Gespräch der Eigentümer mit einem zuständigen Entscheider von Tennet geben soll.

Gesprächsbedarf sieht auch Johanna Kropp, Vorsitzende der Bürgerinitiative Brand. „Wir müssen uns mit dem Landrat und den vom Landkreis in der Causa Südostlink beauftragten Rechtsanwalt Wolfgang Baumann zusammensetzen. Ich kann mir ehrlich gesagt nicht vorstellen, dass in nächster Zeit Baubeginn ist. Außerdem gibt es noch offene Widersprüche des Landkreises und der Stadt Marktredwitz.“

Die BI-Vorsitzende gibt sich im Gespräch mit unserer Zeitung unbeeindruckt vom Vorhaben des Konzerns. „Tennet wollte schon vergangenes Jahr vorzeitig bauen. Daraus ist nichts geworden. Ähnlich wird es auch heuer sein. Zwischen Wollen und Können besteht ein Unterschied.“

Tennet hingegen hält angesichts der energiepolitischen Situation sein Vorhaben für vordringlich. „Unser Ziel ist, Windstrom aus dem Norden und Osten Deutschlands schnellstmöglich nach Bayern zu bringen. Der Windstrom aus dem Norden ist die wichtigste Quelle für die sichere Energieversorgung Bayerns in der Zukunft. Dazu brauchen wir leistungsstarke Stromleitungen wie den Südostlink.“ Wie Tennet weiter mitteilt, ist Bayern seit der Abschaltung des Kernkraftwerks Isar 2 im April noch mehr auf Stromimporte angewiesen. „Mit dem Südost-Link-Strom könnten umgerechnet etwa zehn Millionen Haushalte versorgt werden.“

Sollte der Antrag von der Bundesnetzagentur genehmigt werden, wird Tennet die jeweils betroffenen Kommunen darüber informieren.

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