Wunsiedel – Einen Arbeitstag von 8 bis 17 Uhr könnte sich Günter Vogl nicht vorstellen. Als katholischer Pfarrer ist er für eine flächenmäßig riesige Gemeinde zuständig, die von der A93 bis an den Wurmlohpass reicht. Etwa 3200 Katholiken leben hier. Die Frankenpost hat ihn an einem normalen Arbeitstag begleitet.

6 Uhr: An Schultagen klingelt um diese Zeit der Wecker, an den übrigen etwas später. „Ich halte zweimal pro Woche Unterricht. Deshalb stehe ich nach den Radionachrichten auf.“ Eine Viertelstunde nimmt er sich Zeit für das Gebet, bevor er sich an den Frühstückstisch setzt. „Außer Kaffee brauche ich hier auch meine Zeitung.“

7.30 Uhr: Ab ins Auto. Eine Viertelstunde vor Unterrichtsbeginn ist Pfarrer Vogl heute für die Frühaufsicht in der Kösseineschule in Tröstau verantwortlich. Um 8 Uhr beginnt der Unterricht: Thema sind die Gleichnisse in der Bibel. „Ich habe eine Kombiklasse der dritten und vierten Jahrgangsstufe. Während ich die einen intensiver auf die Kommunion vorbereite, vertiefe ich zum Beispiel mit den Älteren die Inhalte. Heute gehe es um das Gleichnis vom barmherzigen Vater.“

9.35 Uhr: Auf der Heimfahrt nach Wunsiedel erledigt Vogl noch einige Einkäufe. Sein Weg führt ihn in eine Apotheke und in den Getränkemarkt. Klar wird er bei derartig alltäglichen Gelegenheiten auch mal angesprochen. „Ich empfinde das keinesfalls als störend. Im Gegenteil: Manch einer, der sich im offiziellen Rahmen nicht trauen würde, fasst sich bei dieser Gelegenheit mal ein Herz und vereinbart einen Gesprächstermin. Ich will als Pfarrer am ganz normalen Leben teilnehmen, und lerne so auch die Probleme und Sorgen der Menschen kennen.“

10 Uhr: Zurück im Büro geht der Pfarrer noch einmal seine Predigt für die am Nachmittag angesetzte Beerdigung durch. Viel Zeit bleibt nicht und schon sitzt er wieder im Auto.

11 Uhr: Auch an der Jean-Paul-Grundschule gibt Günter Vogl Unterricht. Die katholischen Kinder aus vier Klassen sind im Raum versammelt, kein Wunder dass die Schüler aufgekratzt sind. Doch der Pfarrer ist erfahren genug, den Lernstoff für die Kinder so interessant zu gestalten, dass immer wieder Ruhe einkehrt.

13 Uhr: „Ich habe das Glück, dass ich heimkomme und mein Tisch gedeckt ist“, freut sich der 57-Jährige. Haushälterin Monika Sticht hat für ihn heute Nudelsuppe und Lasagne gekocht. Normalerweise würde sich der Pfarrer danach eine halbe Stunde hinlegen, doch dies ist heute nicht möglich.

14 Uhr: Weiter geht es auf den Friedhof, wo Vogl eine Trauerfeier mit Beerdigung gestaltet. „Auch das gehört dazu. Ich habe mir vorher natürlich über den Verstorbenen meine Gedanken gemacht und mit den Angehörigen gesprochen. Ich will die richtigen Worte finden, die trösten und das Leben unseres verstorbenen Gemeindemitglieds würdigen“, sagt der aus Tirschenreuth stammende Geistliche.

15.15 Uhr: Schnell fährt Vogl nach Waldershof. Im Pfarrheim findet die Dekanatskonferenz statt. Hier werden alle dienstlichen Angelegenheiten der Pfarrer im Dekanat Wunsiedel-Kemnath besprochen. Diesmal stellt die Jugendreferentin die Arbeit der katholischen Jugendstelle vor.

17 Uhr: Zurück in Wunsiedel, folgt die nächste Besprechung. „Mit Sekretärin Eva Schlögl gehe ich noch einmal die Termine des nächsten Tages durch. Wann und wo steht ein Taufgespräch an? Gerne besucht er zu diesem Anlass die jungen Eltern daheim. Dies sei für sie einfacher, da sie sich so besser um das Baby kümmern können.

17.30 Uhr: Endlich Zeit zum Nachdenken. Am Computer bereitet Vogl noch die nächste Beerdigung vor. Hier geht es zum Beispiel um die Frage, welche Fürbitten passend sind. Auch die Sonntagspredigt nimmt langsam Gestalt an.

20.15: Erneut nimmt sich der Pfarrer eine Gebetszeit – eine Viertelstunde, die ganz ihm selbst gehört. „Danach schaue ich Fußball und esse nebenbei noch zu Abend. Auch das gehört dazu“, sagt der FC-Bayern-Fan. Häufig liest er bis gegen 23 Uhr theologische Zeitschriften. „Und vielleicht einmal pro Woche gehe ich auch noch ins Kino.“ Protokolliert von Matthias Bäumler