Wunsiedel gegen rechts Zu bunt für braunen Spuk

Viele Bürger versammelten sich am Marktplatz, um den Rechten die Stirn zu bieten. Foto: Florian Miedl

Rund 500 Teilnehmer folgen dem Aufruf des Netzwerks „Wunsiedel ist bunt“. Friedliche Aktionen verdeutlichen am Samstag, wie unerwünscht das „Heldengedenken“ des „Dritten Wegs“ ist. Radikaler formulieren rund 400 Anhänger des linken Spektrums ihre Verachtung für die Neonazis – aber ebenfalls verbal.

 
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Neonazis? „Will hier niemand.“ Diese Botschaft verbreiteten am Samstag hunderte Teilnehmer mit friedlichen Mitteln aller Art – mit Reden, Transparenten, Gebeten, Kunst, Musik, Gesang, Theater und mit Kreuzen. Ihr Ziel: gegen das jährliche „Heldengedenken“ der Neonazi-Partei „III. Weg“ zu protestieren. Rund 120 Aktivisten aus der rechten Szene beteiligten sich diesmal an dem „Trauermarsch“ im Wunsiedler Norden, schätzt die Polizei. Dagegen stellten sich rund 400 Protestierende aus dem politisch linken Spektrum, die von der Egerstraße Richtung Innenstadt zogen, sowie etwa 300 Demonstranten aus dem bürgerlichen Lager, unterstützt von rund 70 Wunsiedler Gymnasiasten und ebenso vielen Kirchenmitgliedern. Mehrere hundert Polizisten waren in der Festspielstadt postiert, ohne jedoch eingreifen zu müssen: Es blieb friedlich.

Organisatorin „glücklich und zufrieden“

„Wir sind sehr glücklich und zufrieden. Alles hat so geklappt, wie wir uns das vorgestellt haben“, sagt Christine Lauterbach, wie Svenja Faßbinder Organisatorin des Netzwerks „Wunsiedel ist bunt“. Lauterbach zufolge versammelten sich „500 bis 600 Beteiligte am Marktplatz und Mahnmal für den Frieden“.

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Geht „Wunsiedel ist bunt“ im kommenden Jahr weiter? Ja, aber zu einem anderen Anlass – etwa an einem Sommerabend – wäre es schöner, sagt Lauterbach: „Unsere große Hoffnung bleibt, dass wir diesen Nazi-Spuk endgültig aus der Stadt rauskriegen.“

Plakat-Aufschrift: „Nazis töten.“

Das wünschen sich die unterschiedlichsten Gruppierungen, die klare Kante gegen rechts zeigten: Jung wie Alt, Einzelkämpfer wie Gruppen, Kirchen- wie Gewerkschaftsmitglieder und Politiker verschiedenster Couleur, darunter Steffen Pokorny von „Die Partei“ Hof, auf deren Plakaten „Nazis töten.“ sowie „Wer braucht schon Rechte?“ zu lesen war.

„Faschismus ist Rudolf Hesslich“

Ebenfalls mit harten Parolen machten die Vertreter des antifaschistischen Bündnisses „Nicht lange fackeln“ auf sich aufmerksam: „Faschismus ist Rudolf Hesslich“ sowie „Der Fuchs ist schlau & stellt sich dumm. Beim Nazi ist es andersrum“ stand zum Beispiel auf ihren Plakaten. Wer die Botschaften verbreitete, blieb jedoch oft unklar: Die meisten Antifa-Mitglieder verbargen sich hinter Kapuzen und Masken, während am Marktplatz alle Gesicht zeigten.

Bürgermeister stolz, Flagge zu zeigen

Zu finden waren hier auch etliche Politiker aus der Region wie der Wunsiedler Grünen-Stadtrat Wilfried Kukla, die ehemalige SPD-Kulturbürgermeisterin Johanne Arzberger, der Arzberger SPD-Bürgermeister Stefan Göcking sowie einige CSU-Politiker: „Es macht mich riesig stolz, dass unsere Bürger wieder Flagge zeigen für Freiheit, Demokratie und Toleranz“, sagte Wunsiedels Bürgermeister Nicolas Lahovnik. Weltweit sehe man immer wieder: „Demokratie braucht unseren vollen Einsatz“ – sie sei nicht selbstverständlich, sagte Landtagsabgeordneter Martin Schöffel. „Wunsiedel ist bunt“ setze ein tolles Zeichen. Landrat Peter Berek betonte, er sei „sehr dankbar, dass der Landkreis den Rechten heute erneut die Stirn bietet“. Selbst der Leiter der bayrischen Staatskanzlei, Florian Herrmann, wendete sich via Videobotschaft an die Marktplatz-Besucher in Wunsiedel: „Rassismus, Extremismus und Antisemitismus haben in Bayern keinen Platz – die Staatsregierung geht dagegen vor.“

Abends aufatmen: alles friedlich

Froh und erleichtert, dass alles friedlich und ohne Zusammenstöße verlaufen ist, war Lahovnik, als er abends seine Kaffeetassen am Mahnmal für den Frieden abholte. Am Nachmittag hatte er den Aktiven, die stundenlang frierend bei den 203 weißen Kreuzen für die Neonazi-Opfer Wache schoben, spontan heiße Getränke vorbeigebracht. „Das wärmt auch das Herz“, freute sich eine Aktive.

Wie so vieles an diesem Samstag, an dem Wunsiedel einmal mehr Flagge zeigte.

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