Herr Rogler, 11.11., da beginnt die neue Karnevals-Session. Und das nirgendwo so heftig wie in Ihrer Wahlheimat in Köln. Sie sind inzwischen Mitglied einer Karnevalsgesellschaft, fahren – so nehme ich an – bonbonwerfend in den Rosenmontagszügen mit...
(Richard Rogler lacht.) Ja, manchmal.
... Sind Sie denn vom griesgrämigen Oberfranken jetzt zur rheinischen Frohnatur mutiert?
Also ich war noch nie griesgrämig! Seit wann sind Oberfranken denn griesgrämig? Der Oberfranke hat einen sehr guten versteckten Humor, den muss man nur erkennen.
Stimmt, das wollen wir auch immer wieder hören, deswegen habe ich Ihnen das jetzt rausgekitzelt.
(Richard Rogler lacht.) Ehrlich, ich lache selten so viel, als wenn ich wieder in meiner Heimat bin.
Sie lassen in Ihrem Programm einen Herrn Camphausen für sich wettern, einen schwadronierenden Alt-Achtundsechziger...
Den habe ich jetzt rausgeschmissen, den Camphausen.
Ehrlich? Wann denn?
Letzte Woche erst. Kurz vor der Aufführung dachte ich: Der geht mir auf den Keks, jetzt mache ich das einfach mal als Richard Rogler.
Ich wollte noch fragen, ob der Camphausen Alter Ego ist oder einfach bloß eine Bühnenfigur...
Das ist immer Alter Ego gewesen. Das war auch ganz schön so und manchmal hat es ja auch einen Sinn, das so zu machen. Aber das Kabarett ist ja eine so tolle Kunstform, weil man immer wieder merkt, das es da etwas zu variieren gibt. Das können Sie in keinem Theaterstück machen. Wo gibt es das schon, dass Sie ein Alter Ego, eine Figur, die Sie über Jahre gespielt haben, einfach mal weglassen. Und ich habe das ganz spontan entschieden. Ich dachte, jetzt probierst Du’s mal so. Jetzt spiele ich das als Rogler. Und das geht auch hervorragend. Das geht sogar besser. (Richard Rogler lacht.)
Keine Figur mehr als schützende Fassade?
Na, das ist doch das Schöne am Kabarett. Ich spiele momentan die 15. Fassung von diesem Programm. Ich weiß schon gar nicht mehr, wie das ursprünglich einmal war. Das ist immer wieder in Bearbeitung und wird immer wieder aktualisiert, da muss was rausfliegen und da kommt was rein. Das ist das Tolle: Man wird nie fertig mit so einem Programm. Man muss natürlich aufpassen, dass es als Gesamtheit noch stimmt, dass es noch verstanden wird. Aber im Grunde spiele ich jetzt schon das nächste Programm, obwohl nächstes Jahr wieder ein Neues kommt. Aber das ist eben das Schöne: Man ist ständig damit beschäftigt und auf der Höhe der Zeit und das ist eine endlose Herausforderung.
Noch heißt es „Ewiges Leben“ und läuft seit rund fünf Jahren...
Ja, und davon habe ich – wie gesagt – die 15. Fassung. Es ist immer aktuelles Kabarett.
Wie schnell setzen Sie denn Aktuelles um? Früh in der Zeitung, abends ein Rogler-Gag?
Ja. Doch das geht schon oft so schnell. Natürlich nicht immer, zum Teil hält eine Pointe auch eine ganze Woche. Aber manchmal muss man sie auch rausschmeißen, das geht dann ratzfatz. Manchmal noch eine Stunde vor der Aufführung. Da sitze ich in der Garderobe und ich habe den ganzen Tag drüber nachgedacht, aber mir ist nichts eingefallen. Und dann kommt plötzlich die Pointe. Die wird dann eine Stunde später auf die Bühne gejagt.
Bringen Sie das erst zu Papier?
Nee, das mache ich nicht, weil da kann man es sich nicht gut merken. Ich spreche mir das dann zehn Mal vor und schaue, ob es sprachlich geht.
Sie gelten aber trotz dieser Geschwindigkeit als absoluter Sprachkünstler, als Metaphern-Jongleur. Man sollte glauben, Sie sitzen da tagelang in der Kabarett-Werkstatt in Ihrem Heimwerker-Keller und feilen an jedem Wort und jedem Satz.
Ja, das macht man natürlich auch. Bis so ein Programm mal fertig ist, da hockt man natürlich oft vor dem weißen Blatt Papier und schaut, dass das dann alles in den richtigen Rhythmus kommt. Das macht man schon. Aber es müssen immer zehn, fünfzehn Prozent freie Spielfläche sein am Abend. Wo man einfach etwas improvisieren kann. Oder darauf reagiert, wenn ein Zuschauer was sagt oder macht. Es passiert mir auch manchmal, dass mir auf der Bühne etwas einfällt. Und wenn du einen Geistesblitz hast und sagst, da könntest du doch noch einen Satz ranhängen, dann machst du das. Oft sind das dann die größten Lacher.
Wäre ja schade, das nicht zu probieren und die Idee wegzulassen.
Natürlich wäre das schade. Das muss man wagen, auch wenn’s manchmal in die Binsen geht.
Sie arbeiten immer wieder heraus, wie Politik unser aller Privatleben beeinflusst. Wann und wie hat denn die Politik zuletzt ganz konkret in Ihr privates Leben eingegriffen?
Das hat jetzt ganz privat eingegriffen durch diese ganze Bankenkrise. Da wirst nervös. Ich habe ja als freier Künstler, auch Lebenskünstler, doch immer ein bisschen gekuckt, dass ich was fürs Alter auf der Seite habe, weil wir freien Künstler ja nicht so hervorragend rentenversichert sind. Und da hat es schon schwer eingegriffen. Also bin ich hingegangen und habe mein ganzes Geld von der Bank geholt und erst mal in den Küchenschrank gestellt.
Die internationale Finanzkrise hat also auch in Richard Roglers Altersversorgung ein Loch gerissen?
Nein, nein, das nicht. Ich habe ja nicht spekuliert oder so. Ich habe überhaupt nichts verloren. Außer Vertrauen. Ich hatte einfach Angst, dass das Geld, das man über Jahre gespart hat, irgendwann auch mal über die Wupper geht. Also habe ich das umverteilt. Und aus dem Küchenschrank ist es jetzt wieder weg.
Also kein Vertrauen mehr in die Bankenwelt?
Das hatte ich noch nie. Aber in normalen Zeiten macht man sich eben auch nicht klar, was man eigentlich für ein Risiko eingeht, wenn man sein Geld der Bank gibt. Aber den Amerikanern geht es ja in der Beziehung noch viel, viel schlimmer.
Vielleicht sollten wir nicht so ernst weitermachen. Das ist ja ungesund. Dagegen habe ich in Ihrem Programm gefunden, dass eine Viertelstunde Lachen genauso fit hält wie vier Stunden Nordic Walking.
So isses. (Richard Rogler lacht.)
Also spart mir ein Rogler-Abend 32 Stunden sinnloses Stockgeklapper auf ansonsten idyllischen Waldwegen?
Davon können Sie ausgehen: Wenn Sie zwei Stunden gut lachen bei mir, kommen Sie auf jeden Fall eine Woche fitnessmäßig gut über die Runden.
Und gleichzeitig tut man etwas für den akustischen Umweltschutz...
So isses, diese Walker können einen schon fürchterlich auf die Nerven gehen.
Bei Ihrem Auftritt gibt es ja vieles, dass zunächst scheinbar logisch erscheint, dann aber von Ihnen scharfzüngig seziert wird, so dass man merkt, dass da gar kein Sinn dahinter steckte. Gibt es den noch für Sie, den Sinn hinter allen Dingen?
Na ja, sagen wir mal so: Den Sinn hinter so manchen Formulierungen, die ständig auf uns einprasseln, zu entdecken, fällt dem Normalbürger oft immer schwerer. Der beschäftigt sich ja auch nicht den ganzen Tag damit oder macht das gar berufsmäßig, so wie ich. Deshalb, vermute ich, ziehen sich die meisten Leute nur noch auf sich selber zurück, weil sie meinen, sie kennen sich selber noch am ehesten. Aber da erleben sie die nächste Überraschung: Dann stellen sie nämlich fest, dass sie selber gar nicht mehr wissen, wer sie sind. Viele flüchten ja deshalb auch in die Religion oder sonst wohin. Ins Esoterische, wo sie noch das Heil erwarten. Für mich eine unglückselige Entwicklung, aber: Den meisten Leuten bleibt gar nichts anderes übrig. Im Moment geht es ja nach dem Prinzip: Alles rennet, rettet, flüchtet.
Und da steuern Sie gegen?
Na ja, ich bin jetzt nicht unbedingt der große Sinn-Stifter. Aber über das Lachen entlarvt sich ja einiges. Wenn man also ernsthafte Dinge, die die uns vorgaukeln ins Lächerliche zieht, wird den Menschen ja oft klar, dass das so nicht stimmen kann. Dass das alles nur leere Hülsen sind. Und das herauszuarbeiten, ist eine Aufgabe des Kabaretts. Wenn man den Humor noch verlieren, dann „g’hörn mer ganz der Katz“.
Sie sagen auch, dass Sie Mittelmäßigkeit auf die Palme bringt, vor allem politische Mittelmäßigkeit. Bringen Sie drei Politiker zusammen, die für Sie aus dem Mittelmaß herausragen?
Ja, also, im Moment wüsste ich da nur einen: Das ist der Herr Steinbrück. Mehr fallen mir schon nicht ein. Aber der ragt über das Mittelmaß mit dem Kopf raus.
Wieso gerade Steinbrück?
Weil er der einzige ist, der auch ein bisschen Sachverstand mitbringt und – wie ich glaube – noch ziemlich klar denken kann. Und zwar nicht nur parteipolitisch. Das ist ja immer das Problem: Die meisten Äußerungen der Politiker sind doch nur parteipolitisch, das sieht man jetzt ganz extrem da in Hessen. Da diskutieren Sie jetzt rum, ob das Verrat an der Partei war und so. Aber am schlimmsten ist es immer, wenn die Politiker sagen: Wir stehen geschlossen hinter Ihnen. Da würde mir schon mulmig bei einem, das reicht schon. Aber wenn die alle geschlossen hinter einem stehen, dann sieht man auch das Messer nicht, das sie schon aus der Tasche zücken.
Die Politik als Haifischbecken?
So isses. Auch der Müntefering, wenn der immer wieder mal ankommt mit irgendwas. Das sind doch reine Parteitaktiker. Da wettert er gegen die Heuschrecken. Ein Jahr später kommen die Heuschrecken und er hat keine Lösung. Sowas sagt er nur, damit er mal wieder ein bisschen links erscheint. Oder die SPD wieder links erscheinen soll. Bei der CSU in Bayern haben wir’s doch jetzt ganz extrem erlebt: Dann rudern sie plötzlich zurück und es geht auf einmal ums Rauchen und lauter solchen Käse. Das machen die doch nur, um irgendwo Wähler ranzukriegen. Weil sie gemerkt haben, dass sie da am Volk vorbeiregiert haben. Die haben sich doch bloß selbst verwaltet. Also: Die meisten Äußerungen, die von Politikern kommen, muss man daraufhin überprüfen, ob sie nicht zuerst ihrer eigenen Karriere dienen. Meistens ist es so.
Für Sie als Kabarettist kommt doch jetzt eine ganz spannende Zeit: ein Jahr Bundestagswahlkampf...
Oh ja, da freue ich mich jetzt schon drauf. Da gibt’s Hauen und Stechen. Da würde sich auch Shakespeare freuen über den Stoff. Da wird’s noch viele Königsmorde geben.
Sie sind im Februar als festes Mitglied aus der ARD-„Scheibenwischer“-Mannschaft ausgestiegen. Arbeitet es sich für Sie jetzt leichter, ohne diese feste Fernseh-Verpflichtung?
Ja, das ist für mich wirklich leichter. Ich kann mich wieder richtig auf die Bühne konzentrieren und kann da wieder besser werden. Ich war auf der Bühne ein bisschen schlechter geworden, weil einen das Fernsehen so vereinnahmt. Das ist eine derartige Knochenarbeit – und am Ende kommen bloß ein paar Minuten raus. Das hat mir keinen Spaß mehr gemacht. Aber es gab da auch interne Gründe. Ich habe mich mit denen einfach nicht verstanden.
Mit den anderen auf der Bühne?
Ach, überhaupt. Das war nicht so mein Ding. Das sind andere Charaktere, mit denen komme ich nicht klar. Das sind Egomanen. Und das ist für mich nix.
.
Machen Sie jetzt mehr eigene Auftritte, dadurch, dass diese Zeit frei geworden ist?
Viel mehr Auftritte, ja. Und das macht mir auch mehr Spaß.
Finden Sie, dass das anspruchsvolle politische Kabarett von diesen Comedy-Lachnummern erdrückt wird, die mittlerweile die TV-Kanäle und die Veranstaltungshallen überfluten?
Nein, überhaupt nicht. Die haben ein Publikum, dass eigentlich zu mir nie gekommen ist.
Ein Publikum, das im Fernsehen systematisch dem Denken entwöhnt wird...
Na ja, das ist ja der Sinn der Sache. Und das sind natürlich auch reine Medien-Ereignisse. Ohne Fernsehen gäbe es diese Leute doch überhaupt nicht. Die würde keiner kennen und da würde auch keiner hingehen. Das sind alles durchs Fernsehen hochgepushte Leute. Aber zu denen gehen Menschen, die zu mir nie gekommen sind. Insofern interessiert mich das eigentlich wenig. Politisches Kabarett wird es immer geben, auch wenn da immer ein Rauf und Runter ist. Im Moment ist es nicht einfacher geworden, weil die Leute wirklich immer weniger Geld haben. Die überlegen sich dann schon, wo sie sparen können. Es geht ja gerade auch um diese Mittelschicht, die immer noch zu kulturellen Ereignissen gegangen ist. Natürlich überlegen die sich, ob sie sich zwei so teure Karten kaufen sollen und womöglich noch fünfzig Kilometer zu der Veranstaltung fahren müssen. Die machen vielleicht lieber etwas anderes mit dem Geld. Das ist im Moment ein bisschen das Problem.
Gerade auch die Comedians sind ja nicht billig...
So isses. Aber zu denen gehen die Leute ja noch, das ist ja ganz merkwürdig. Für allen Käse ist Geld da, vor allem bei denen, die eigentlich kein Geld haben. Die leben zwar eh schon immer auf Pump, um sich einen Blödsinn zu kaufen, den sie nicht brauchen. Also kaufen sie auch eine Karte für einen Blödsinn, den sie an diesem Abend auch nicht brauchen und der sie nicht geistig weiterbringt. Aber die, sagen wir mal, etwas aufgeklärte Mittelschicht, fängt langsam an zu sparen. Ich nehme mal als Beispiel einen Lehrer, der gerade sein Einfamilienhäuschen noch abbezahlen muss, und dauernd mit dem Auto fahren muss, aber auch auf seinen Urlaub nicht verzichten will, der dreht den Euro schon öfter um, was dann das kulturelle Weggehen angeht.
Das heißt, Sie merken die Finanzkrise bei Ihnen an der Abendkasse?
Ja sicher. Es kommen etwas weniger Leute.
Kann man das denn genauer beziffern?
Zwanzig Prozent weniger, würde ich sagen.
Anderes Thema: Sie halten seit acht Jahren Vorlesungen an der Universität der Künste in Berlin, sind also Deutschlands erster Kabarett-Professor. Kann man Humor denn lernen?
Na klar, man kann alles lernen. Humor auch. Man kann durchaus lernen, wie man eine Pointe schreibt.
Alles Handwerk?
Na ja, ich meine, ohne Talent geht’s nicht. Aber mal locker über die Hälfte ist reines Handwerk. Bis hin zur Berufseinstellung: eiserne Disziplin undsoweiter, das spielt alles eine große Rolle. Man darf sich da nicht gehen lassen, man muss auch durch Tiefs hindurch. Man muss auch einen langen Atem haben, bis man überhaupt mal richtigen Erfolg hat. Der stellt sich nämlich so wahnsinnig schnell nicht ein. Das ist eben der Unterschied zu den – wie ich immer sage – Kantinenpupsern der Comedians. Da hat einer ein paar Witze und schon geht er damit auf die Bühne.
Das geht im Kabarett nicht.
Natürlich nicht. Da müssen Sie sich erst mal ernsthaft mit den Dingen beschäftigen. Bevor Sie eine Nummer machen über die Pflegeversicherung, müssen Sie erst mal verstehen, wie das System überhaupt funktioniert. Und daran scheitern viele, die den Atem nicht haben, sich erst mal in scheinbar uninteressante, sehr trockene Gegenstände einzuarbeiten.
Dann geht die erste Vorlesung im Semester wohl zunächst ums Desillusionieren Ihrer Studenten?
Na ja, jedenfalls mache ich bei denen auch nebenher Berufsberatung. Und da muss ich auch vielen sagen: Es gibt auch eine Menge schöner anderer Berufe, also überlegt’s Euch noch mal, ob Ihr Euch das antun wollt.
Also doch Talent...
Klar, Talent ist natürlich schon auch wichtig.
An ihrem kabarettistischen Talent gibt es ja überhaupt keinen Zweifel, sie haben für Ihre Programme und Auftritte schon eine Fülle von Auszeichnungen bekommen. Aber als schönsten Preis haben Sie jetzt die Auszeichnung vom Oktober bezeichnet: die „Goldene Kartoffel“ aus Rehau.
Ja. Da bleibe ich auch dabei. Weil das ein Preis ist, der nicht nur beruflich motiviert oder begründet ist. Der hat mich ganz besonders gefreut, weil die in Rehau, glaube ich, ganz gut erkannt haben, dass der Gesamtmensch Rogler nicht nur aus Kabarett besteht, sondern auch sonst ein paar andere kommunikative Fähigkeiten hat. Das war also eine kleine Persönlichkeitsehrung - noch dazu in meiner Heimat, die ich ja nach wie vor sehr mag,
Trotzdem sind Sie nach Köln gegangen.
Ich musste weg, weil ich diesen Beruf von Selb aus nicht hätte machen können. Das ist ja logisch. Man muss da sozusagen in die Welt hinaus. Aber ich bin immer wieder gern zurück gekommen. Ich habe noch viele Verbindungen, Turnverein undsoweiter undsofort. Das muss man eben auch ideell zu sehen. Bei jedem Menschen, egal, wo er herkommt, bleibt eine Erinnerung. Ich hatte immer eine gute Erinnerung an Selb. Und die wird jetzt praktisch immer wieder neu bestätigt.
Es tut also gut, wenn auch in der Heimat anerkannt wird, was man macht?
Da gibt es ja den alten Spruch vom Propheten, der im eigenen Land nichts gilt. Aber das war bei mir eigentlich nie der Fall.
Sie haben die „Goldene Kartoffel“ als erster direkter Nachfahre von Hans Rogler bekommen, dem ersten urkundlichen Kartoffelbauern in Deutschland, der die Knolle 1647 in Pilgramsreuth aufs Feld brachte. Ein gewitzter Pionier, der damit auch seien Feudalherren gelinkt hat.
Stimmt. Der musste, wie damals üblich, zehn Prozent seiner Ernte bei seinem Herrn abliefern. Aber nur der oberirdischen Ernte. Das Wertvollste seiner Pflanze wuchs ja unter der Erde – und blieb ihm. Vielleicht hat er mit dieser schelmischen Einstellung schon den Grundstein gelegt für den späteren Rogler, der mal Kabarettist wird.
Also eine genetische Anlage, die Ihnen vom Urahn Rogler Hans überliefert wurde?
Wenn’s damals schon Kabarett gegeben hätte, vielleicht hätte er heimlich auch schon gespielt, im Pilgramsreuther Wirtshaus. (Richard Rogler lacht.)
Sehen Sie sich denn auch in der Tradition der Hofnarren aus dieser Zeit, die der Obrigkeit – und auch den Untertanen – da ungestraft auch ein bisschen den Spiegel vorhalten durften?
Nee, also in diese Zeiten, ins 17. Jahrhundert sehnt sich wohl so recht keiner, der ein bisschen Bescheid weiß. Das war ja mit die ärmste Zeit, die das damalige Deutschland erlebt hat. Da kann man schon froh sein, dass es uns heute so gut geht.
Das Kartoffel-Experiment von Hans Rogler hätte es ohne die dramatischen Hungersnöte von damals wohl auch gar nicht gegeben.
Das kann gut sein, ja.
Aber auch heute läuft nicht alles in der Region immer rosig. Sie haben sich zum Beispiel im März letzten Jahres auch zum Stellenabbau bei Rosenthal zu Wort gemeldet und sich mit den Porzellinern solidarisch erklärt.
Ja.
Wie sehr verfolgt denn der „alte Söllwer“ Richard Rogler noch das Geschehen in der Heimat?
Ich verfolge es insofern, dass ich die Frankenpost abonniert habe, also das Selber Tagblatt. Und auf diese Weise bin ich immer ganz gut informiert, bis hinein in die Details von dem, was sich da abspielt. Auch im Fußball zum Beispiel, ich bin ja sehr sportbegeistert. Das lese ich schon. Ich muss einfach wissen, was da los ist. Und in Sachen Porzelliner, da leide ich natürlich mit den Leuten. Weil ich weiß, welch’ anständige Menschen und arbeitsame Menschen in dieser Gegend wohnen. Ich habe das ja selber durch meinen Vater mitbekommen.
Der war auch Porzelliner...
Ja. 45 Jahre bei Hutschenreuther. Deshalb weiß ich: So eine Behandlung haben die Leute einfach nicht verdient.
Wenn Sie dann mal hier sind, dann ist das auch Thema Ihrer Gespräche?
Natürlich. Aber: Was kann ich schon machen? Mir sind ja die Hände gebunden. Ich kann keine Porzellanfabrik retten. Aber ich glaube, dass es wichtig ist für die Leute, dass sie das Gefühl haben, nicht allein gelassen zu werden. Wenn man da ein bisschen Solidarität, und wenn es auch nur menschlicher Art ist, ausdrücken kann, dann ist das auf keinen Fall schlecht.
Werden wir denn ein paar regionale Stellen entdecken, wenn Sie Ihr Programm am Donnerstag in Hof spielen?
Oh ja, das glaube ich schon. Ich werde mich heute mal hinsetzen deswegen. Ich habe nämlich schon viel Material gesammelt. Also, ich werde schon versuchen, ein paar regionale Spitzen mit einzubauen.
Wie wär’s mit einer Pointe vorab, für die Heimatzeitung?
Oh, da fragen Sie mich jetzt was. Nee, so schnell geht’s jetzt nicht.
Gut, dann bleiben wir gespannt auf Donnerstagabend. Vielen Dank für das Gespräch.