Hof/Essen Ohne einen Plan B

Carmen Brendel
Der kommende Musical-Star und ihr Förderer: Lara Hofmann und Tomek Lukaszynski. Quelle: Unbekannt

Lara Hofmann aus Hof hat es geschafft: Sie setzt sich gegen 200 Bewerber durch und studiert Musical in Essen. Ihr Förderer erkennt ihr Talent bereits früh.

 
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Hof/Essen - Eine ganze Woche dauert das Aufnahmeverfahren an der Folkwang Universität der Künste in Essen. Am Schluss bleiben von 200 Bewerbern nur sechs übrig, die das Studium zum Musicaldarsteller beginnen dürfen. Lara Hofmann aus Hof hat es geschafft - und hat bereits das dritte Semester an der renommierten Kunsthochschule beendet.

Folkwang Universität der Künste

Die Folkwang Universität der Künste in Essen ist mit mehr als 1500 Studierenden die zweitgrößte Kunsthochschule Deutschlands. In den fünf Fächergruppen Musik, Theater, Tanz, Gestaltung und Wissenschaft bietet die Universität 21 grundständige Studiengänge mit Bachelor- und 26 weiterführende Studiengänge mit Master-Abschluss an. Das Studium zum Musicaldarsteller dauert 8 Semester und beginnt jährlich im April. Die Bewerbungsfrist endet am 15. November. Wer sich für ein Musicalstudium in Essen interessiert und sich persönlich beraten lassen möchte, kann dies bei de Infoveranstaltung am 4. November vor Ort tun.

"Es ist hart. Wirklich, wirklich hart", sagt Lara Hofmann. "Aber man hält es gerne aus, weil man die Kunst einfach so sehr liebt." Der Tag der Studentin beginnt früh, schon um neun Uhr steht das erste Tanztraining auf dem Programm. "Einmal wöchentlich haben wir Steptanz, an den übrigen Tagen jeweils eineinhalb Stunden Ballett oder Jazz." Danach geht es weiter mit Gesangs- und Sprechunterricht, Musiktheorie, Musical- und Theatergeschichte, Schauspiel und Liedinterpretation. "Am Dienstag findet immer die Songclass statt. Da wird vorgesungen. Bei den verpflichtenden Songclasses singen die Studenten eines Jahrgangs, bei den freiwilligen jeder, der möchte."

Dazu kommen jahrgangsübergreifende Projekte und natürlich die jährliche Abschlussaufführung. Die ist zwar eigentlich nur für die Studenten des dritten und vierten Jahres, aber Lara Hofmann durfte im letzten Jahr dennoch daran teilnehmen. "Das war eine absolute Ausnahme, weil ein Mädchen aus dem dritten Jahr aufgehört hatte", erzählt sie. "Wir haben 'Goethe!' gespielt." Vor 22 Uhr kommt die Hoferin bei ihrem vollen Stundenplan selten nach Hause. "Dann esse ich vielleicht noch etwas und gehe schlafen." Trotzdem findet sie es wichtig, einen Ausgleich zu haben: "Man muss wirklich aufpassen, dass man im Studium noch Zeit für sich findet", sagt die Hoferin. "Ehrgeiz ist zwar eine wichtige Voraussetzung, aber man darf nicht verbissen werden." Ihre persönlichen Freiräume findet die Studentin draußen in der Natur - und in der heimischen Küche: "Man muss sich auch mal was gönnen", erklärt sie lachend. Auch reise sie gerne - zuletzt nach Kuba.

Der erste Weg nach ihrer Rückkehr aus der Karibk führte Hofmann dann aber in den Ballettsaal - mit Tomek Lukaszynski, dem Besitzer der Ballettschule "Arabesque" in Hof und ihrem langjährigen Lehrer, verbindet sie ein besonderes Verhältnis. "Ich wusste von Anfang an, dass sie ihr Ziel erreichen wird", sagt der ehemalige Tänzer stolz. "Lara hat nie während des Unterrichts auf die Uhr geschielt, wann denn endlich Pause ist. Und sie wollte auch nach dem Training am liebsten noch weitertanzen." Dabei ist der Tanz nicht einmal Lara Hofmanns stärkste Disziplin: "Ich wollte von Anfang an eigentlich Schauspielerin werden, war schon als Kind in Schauspielgruppen", erzählt sie. "Dann habe ich gelesen, dass man bei der Aufnahmeprüfung an einer Schauspielschule auch vorsingen muss - also habe ich Gesangsunterricht genommen." Und schnell Feuer gefangen: Der Berufswunsch wandelte sich in Richtung Musical und so stand sie dann mit 15 Jahren zum ersten Mal im Ballettsaal. Anfangs in der Gruppe, später kam dann auch immer mehr Einzelunterricht dazu: "Ich habe mit dem Tanzen recht spät begonnen und wusste, dass es meine größte Baustelle ist", sagt Hofmann. "Also habe ich mich dieser Baustelle auch am intensivsten gewidmet." In der Ballettschule "Arabesque" hat sie dabei nicht nur Unterricht erhalten, sondern auch immer wieder die Möglichkeit bekommen, ihr Können auf der Bühne zu zeigen: "Das hilft einem ungemein."

Nach vier Jahren Tanzunterricht bei Lukaszynski bewarb Hofmann sich zunächst in Hamburg an der Stage School, einer renommierten privaten Ausbildungsstätte für Musicaldarsteller - und erhielt sogar ein Vollstipendium. "Hamburg war eine wichtige Zeit für mich", sagt sie rückblickend. "Ich habe von dort sehr viel mitgenommen, besonders meine Gesangslehrerin Gabi Schmidt-Acker hat mir viel beigebracht." Trotzdem endete Lara Hofmanns Zeit in Hamburg schon nach acht Monaten: "Die staatlichen Unis haben einfach einen hervorragenden Ruf und jeder, der Musicaldarsteller werden möchte, sollte es zumindest einmal an einer staatlichen Uni versuchen." Der Versuch der Hoferin hatte Erfolg: Nach Vorsingen, Vortanzen, Musikalitäts- und Schauspielprüfung stand sie tatsächlich mit weiteren 14 Bewerbern im Finale. Das dauert noch einmal drei Tage. Zusammen mit den anderen Teilnehmern wird - neben täglichem Tanz- und Schauspielunterricht und einem Einzelgespräch mit den Dozenten - ein Ensemblestück erarbeitet und am letzten Tag auf die Bühne gebracht. "Das ist der reinste Horror, das Gehirn darf nie auf Pause sein", sagt Hofmann. "Aber ich werde auch nie das Gefühl vergessen, als ich dann nach vorne gerufen wurde und erfahren habe, dass ich tatsächlich einen Platz bekommen werde." Seit ihrer eigenen hat die Hoferin mittlerweile schon eine zweite Aufnahmeprüfung erlebt - als Betreuerin: "Das war noch einmal eine ganz neue und sehr intensive Erfahrung."

Ihr Ratschlag an junge Künstler lautet dann auch: "Immer dranbleiben, nie aufgeben." Auch und erst recht nicht, weil man bereits vor dem Studium schon viel einstecken müsse: "Man muss sich in diesem Beruf einfach öffnen. Und wenn sich ein Mensch offen zeigt, ist er verletzlich", sagt die Künstlerin. "Gesang, Tanz und Schauspiel ist etwas ganz intimes, das man aber mit anderen teilt. Das macht die Kritik daran automatisch sehr persönlich und das kann einen dann schon treffen." Auch seien Intrigen und Konkurrenzdenken immer ein Thema, mit dem man sich im Theater auseinandersetzen müsse.

Einen Plan B hatte Hofmann trotzdem nie: "Ich wollte nie etwas anderes machen, also habe ich mir auch nicht überlegt, was ich tue, wenn es nicht klappt. Ich kann mir einfach nichts anderes vorstellen."

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