Auch die beiden Teenager, die in der vergangenen Woche auf einem Gleis am Münchberger Bahnhof posierten, müssen nun damit rechnen, Besuch von der Polizei zu bekommen. Selbst wenn sie die Fotos nicht online stellen, denn der Lokführer hat das verbotene Treiben mit seinem eigenen Handy dokumentiert.
3 Fragen an Dr. Martin Voigt, Experte für Teenie-Mädchen in Social Media
Herr Dr. Voigt, ist die lebensgefährliche Unsitte von Selfies auf Bahngleisen nur auf Deutschland beschränkt?
Nein, das ist in vielen Ländern zu beobachten, in denen Schülerinnen über ein Smartphone verfügen und in sozialen Netzwerken aktiv sind, unter anderem auch in Österreich und in der Türkei. Es handelt sich meist um Teenie-Mädchen im Alter von 12 bis 16 Jahren.
Warum begeben sich ausgerechnet junge Mädchen auf Bahngleisen derart in Lebensgefahr?
Mädchen in dieser Altersgruppe neigen zu einer emotionalen Dramatisierung der Selbstdarstellung. Das Bahngleis mit den parallel verlaufenden Schienen ist ein Symbol für das Paar, das sich niemals trennt.
Was raten Sie Eltern und Lehrern, wie sie Mädchen von diesen lebensgefährlichen Selfies abhalten können?
Meist hilft es, auf die Vorbildfunktion gegenüber Jüngeren hinzuweisen. Wenn die kleine Schwester derartige Selfies im Netz sieht, besteht die Gefahr der Nachahmung. Hier nützt der Appell an die Verantwortung gegenüber den Jüngeren. Das Interview führte Werner Rost
Buchtipp zum Thema
"Mädchen im Netz - süß, sexy, immer online" lautet der Titel eines neu erschienenen Buches, in dem Dr. Martin Voigt erklärt, was in den online vernetzten Teenager-Cliquen los ist und warum gerade Mädchen so an ihrem Smartphone kleben. Das Buch ist im Verlag Springer Spektrum erschienen. Es kostet 14,99 Euro als Taschenbuch und 9,99 Euro als E-Book.
Im Rahmen unserer Präventionsarbeit besuchen wir in den Schulen die fünften Klassen. Manfred Ludwig, Präventionsbeauftragter der Bundespolizei in Selb
Die rechtliche Lage
Gesetzliche Regelungen: Mit Ausnahme von offiziellen Bahnübergängen dürfen Gleisanlagen von Unbefugten nicht betreten werden. Laut Paragraf 62 der Eisenbahnbau- und Betriebsordnung dürfen nur Personen Bahnanlagen betreten, die amtlich dazu befugt sind oder - wie Lokführer, Zugbegleiter oder Rangierer - im Rahmen eines Nutzungsverhältnisses zugelassen sind.
Ordnungswidrigkeiten und Straftaten: Wer unbefugt Gleisanlagen betritt, begeht eine Ordnungswidrigkeit. Laut einer DB-Pressemitteilung kann dies mit einer Geldbuße von bis zu 5000 Euro geahndet werden. Wenn ein Zug wegen "Personen im Gleis" bremsen muss, liegt eine Straftat wegen "Gefährlichen Eingriffs in den Bahnverkehr vor". Gemäß Paragraf 315 des Strafgesetzbuches drohen eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe von bis zu zehn Jahren.
Schadensersatzansprüche: Darüberhinaus kann die Deutsche Bahn oder eine Privatbahn Schadensersatzansprüche geltend machen, wenn ein Zug wegen "Personen im Gleis" bremsen musste und Fahrgäste dabei zu Schaden kamen.