Und jetzt, als Mitglied in den Gremien, wird die Unausgewogenheit zwischen den Geschlechtern für Kühne noch offenbarer. "Es gibt viele Lippenbekenntnisse", sagt sie. Zwar höre man allerorten ein Bedauern darüber, dass sich so wenige Frauen in der Politik engagieren möchten. Doch sind die Frauen dann gewählt, nutze man ihre Expertise, ihren Verstand und ihr Urteilsvermögen nur selten offensiv. Mirjam Kühne beklagt etwa die Besetzung der Ausschüsse, die dem Kreistag vorgeschaltet sind. "Da sitzen dann doch wieder nur die Männer", sagt sie. Teilweise seien die Frauen selbst schuld, da sich die konservative, männlich dominierte Denkweise auch bei ihnen manifestiere. Nach dem Motto: "Wenn eine Frau was kann, dann wird die auch was." Und wer entscheidet, ob die Frau was kann oder nicht? Die Männer. So drehe sich der Betrieb im Kreis. Und das vielgescholtene "Mansplaining" - der Begriff benennt herablassende, besserwisserische Erklärungen eines Mannes, der automatisch davon ausgeht, besser Bescheid zu wissen als sein Gegenüber - finde auch immer noch statt. Mirjam Kühne erinnert sich: "Als es im Gemeinderat um Ausgleichsmaßnahmen für den Amazon-Neubau ging, ist mir einer von der CSU sehr unwirsch über den Mund gefahren." Der Wunsch Kühnes und wahrscheinlich aller Beteiligten: "Ich will auf Augenhöhe diskutieren." Was sich da politisch abspielt, sei nur ein Spiegelbild dessen, was die Gesellschaft aktuell zu bieten hat. Und hier dominiert die patriarchalische Gesellschaft nach wie vor. Wie das zu ändern ist? Laut Mirjam Kühne muss man das Problem von mehreren Seiten angreifen. "Die Abwertung des Weiblichen findet auf vielen Ebenen statt", sagt sie. Nicht zuletzt sei die Sprache, wie in so vielen Bereichen, ein Schlüssel zu mehr Gleichberechtigung: "Auf seine Aussagen zu achten, ist die Verantwortung jedes einzelnen."