Landkreis Trockenheit lässt Ernte schrumpfen

Werner Köhler

Die Landwirte im Landkreis Hof ziehen Bilanz: Die Ernte war durchwachsen. Manch einer muss sogar Vieh verkaufen, weil das Futter nicht ausreicht.

 
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Landkreis - Der Regen am Montag war eine Wohltat für die landwirtschaftlichen Betriebe im Landkreis Hof und lässt für den Rest der laufenden Ernte ein bisschen hoffen. Denn ein ordentlicher Grünschnitt, zum Beispiel mit Gras und Klee als Viehfutter, könnte damit doch noch einmal möglich sein. Ansonsten sieht die Erntebilanz nach diesem abermals trockenen Sommer äußerst durchwachsen aus: "Die Kartoffeln sind zwar gut, aber sehr klein, und die Braugerste hat einen zu hohen Eiweißanteil", sagt Kreisbäuerin Karin Wolfrum auf Nachfrage. "Außerdem leiden vor allem Vieh haltende Betriebe, deren Futterreserven wegen der Trockenheit im vergangenen Jahr aufgebraucht sind."

Karin Wolfrum betont aber, dass die Situation im Landkreis sehr verschieden sei und nicht nur vom Wetter, sondern auch von anderen Faktoren wie den jeweiligen Böden bestimmt werde: "Es ist von Betrieb zu Betrieb und von Sorte zu Sorte unterschiedlich." Während es den Landwirten im Fichtelgebirge noch relativ gut gehe, hätten die Bauern im Frankenwald und in den nördlichen und östlichen Bereichen des Landkreises die Trockenheit noch einmal voll zu spüren bekommen. Manch einer stehe vor der Entscheidung, den Viehbestand zu reduzieren, weil das Futter nicht ausreiche.

Eines sei jedoch anders als im Dürrejahr 2018: "Damals war das ganze Land betroffen, heuer war die Trockenheit begrenzt auf einige Gebiete, und da wiederum punktuell." Das heißt, die Landwirte mit schlechter Ernte haben diesmal immerhin die Chance, aus anderen Regionen Futter zuzukaufen.

Wirklich außergewöhnlich findet die Kreisbäuerin das zweite Trockenjahr in Folge nicht. Von ihrem Vater weiß sie, dass es früher schon Phasen gab, zum Beispiel nach dem Krieg, in denen die Bauern sogar Salz auf die Wiesen streuten, damit das Vieh noch die letzten Stoppeln fraß. Für ihren Sohn Andreas dagegen, der den Betrieb der Wolfrums in Döberlitz mit leitet, ist die Situation völlig neu und alarmierend: "Beim Wintergetreide fehlen uns heuer im Vergleich zu 2018 rund 20 Prozent vom Ertrag, beim Sommergetreide sind es sogar 40 Prozent." Beim Silomais mangele es im Vergleich zu 2018 um rund 30 Prozent und verglichen mit normalen Jahren sogar um bis zu 60 Prozent. Hauptproblem sei der für die Ernte entscheidende Monat Juni gewesen, in dem es keinerlei Niederschlag gegeben habe.

In Gefahr sei der Hof dennoch nicht: "Für unsere Kühe reicht das Futter noch aus, denn wir hatten einen sehr guten ersten und zweiten Grünlandschnitt." Wegen der Biogasanlage habe man viel Mais angebaut, und der komme jetzt zuerst dem Vieh zugute; in der Anlage lande das, was übrig bleibe. Zur Not müsse die Leistung heruntergefahren werden. Kühe zu verkaufen, um Futter zu sparen, komme nicht infrage, da man erst in einen neuen Stall investiert habe: "Wir brauchen deshalb jede Kuh, die da ist." Ein komplettes Fazit der Situation sei erst nach der Maisernte möglich.

Auf die Hoffnung, dass es im nächsten Jahr besser werde, verlässt sich Andreas Wolfrum nicht: "Nach zwei solchen Jahren hintereinander muss man sich darauf einstellen, dass es so weitergeht." Der Landwirt experimentiert daher viel, um den Betrieb den Gegebenheiten anzupassen, etwa indem er die kompletten Flächen für die Frühjahrsaussaat im Winter grün halten und danach nur minimal und ohne Pflug bearbeiten will, um Wasser zu sparen und die Nährstoffe im Boden zu halten. "Das könnte gut funktionieren, aber trotzdem braucht es dafür im Herbst Niederschlag, damit die Felder dicht bewachsen ins Frühjahr gehen." Außerdem will Andreas Wolfrum auf Wintergetreide und die Pflanzenart Luzerne setzen, die sehr tief wurzele und Wasser aus bis zu drei Metern Tiefe hoch ziehe.

Auch der Töpener Landwirt Armin Streitberger bereitet sich auf weitere Trockenjahre vor, obwohl er aus statistischen Gründen eher nicht damit rechnet. Überhaupt rät er dazu, entspannt mit der Situation umzugehen: "Es ist nicht so, dass wir noch nie so schlechte Erträge gehabt hätten." Zwar sei die Ernte in diesem Jahr eher mäßig ausgefallen und noch einmal schlechter als 2018; dafür aber sei 2017 niederschlagsreich und sehr gut gewesen: "Das gleicht sich aus. Wir haben noch Vorräte aus den vergangenen Jahren, haben Futtergetreide zugekauft und kommen durch."

Im ohnehin trockenen Frankenwald gilt Marxgrün als besonders trocken. Herbert Bayreuther betreibt dort seit 1986 einen Biohof mit Milchkühen, die er bereits jetzt tagsüber mit Winterfutter versorgen muss. "Sonst fangen wir damit immer erst im Oktober an", erzählt er. Die Ernteeinbußen durch die Trockenheit haben außerdem dazu geführt, dass er Futter aus dem Biohandel von auswärts zukaufen musste, statt sich im Tausch mit den anderen drei Marxgrüner Biolandwirten behelfen zu können.

"Das Problem für uns ist, dass durch die Trockenheit unsere Kreisläufe nicht mehr richtig funktionieren", erklärt Herbert Bayreuther. Normalerweise seien auf einem Biohof die Nährstoffkreisläufe geschlossen, das heißt, auf den Feldern lande nur die Gülle der eigenen Kühe, ohne dass Dünger von außen zugeführt werde. Anders ausgedrückt, werden die Ausscheidungen der Kühe wieder im Boden gebunden. So werde die Gefahr des Überdüngens vermieden.

"Die Kreisläufe sind aber stark wetterabhängig", sagt der Biolandwirt. "Kleegras braucht viel Wasser, sonst wächst es nur noch eingeschränkt, und das Futter für die Kühe fehlt." Außerdem werde weniger Humus im Boden gebildet. Neben dem Zukauf von Futter führte die Trockenheit auf dem Biohof der Familie Bayreuther heuer dazu, dass sie den Viehbestand um rund 15 Prozent reduzieren mussten. "Ich hoffe zwar, dass es nächstes Jahr besser wird, aber wir überlegen trotzdem auch, wie wir da rauskommen, falls es weiter so trocken bleibt."

Bei allen Problemen legt Herbert Bayreuther Wert darauf, mit der Situation sachlich umzugehen. Da man vor 2018 einige sehr gute Jahre gehabt habe, könne man davon noch zehren. Sein Fazit: "Existenzbedrohlich ist die Lage noch nicht. Aber eine neue Herausforderung."

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