Kulmbach Auf dem Weg zur Chefin

Von Dieter Hübner
Braumeisterin Yvonne Wernlein macht auch am Zapfhahn eine gute Figur. Foto: Raupach

Yvonne Wernlein tritt in die Fußstapfen ihres Vaters. Sie wird eines Tages die Brauerei Haberstumpf in Trebgast führen.

 
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Trebgast - Dass Frauen in die früher reinen Männerdomänen einbrechen, ist heute an der Tagesordnung. So nimmt es kein Wunder, wenn auch in der Privatbrauerei Haberstumpf eine selbstbewusste junge Frau drauf und dran ist, das Ruder in die Hand zu nehmen und ihren Vater Hans Wernlein langsam in den verdienten Ruhestand zu schicken. Die dreißigjährige Yvonne Wernlein ist in der Brauerei aufgewachsen. Aber dass sie später hier mal Chefin wird, das ahnte sie lange nicht.

Bloß kein Bürojob

In der Realschule hatte Yvonne Wernlein den kaufmännischen Zweig belegt. Nach einigen Praktika im Landratsamt und in der AOK wurde ihr aber schon klar, dass ein Job im Büro nicht ihrer Traumvorstellung entsprach. Als es so weit war, eine Lehrstelle zu suchen, kam vom Vater der entscheidende Anstoß: "Probier doch einfach mal eine Brauer- und Mälzerlehre, es würde ja einen Sinn machen. Wenn's nichts wird, kannst du immer noch auf etwas anderes umspringen." In Motten in Unterfranken hat ihr die Lehre in der Will-Bräu dann so gut gefallen, dass sie dabei geblieben ist. Im Blockunterricht, in der Berufsschule in Karlstadt, war sie unter 50 Lehrlingen eine von drei jungen Frauen.

Nachdem sie an ihrem Beruf Gefallen gefunden hatte, war der nächste Gedanke zwangsläufig, die Meisterprüfung. Dazu waren noch zwei Gesellenjahre erforderlich, die sie in der Badischen Staatsbrauerei Rothaus absolvierte. Hier richtete sie den Focus verstärkt auf die Laborarbeit. Es folgten zwei Jahre Meisterschule in der Doemens-Akademie in Gräfelfing bei München. Mit dem Diplom "Brauer- und Mälzermeister(in)" in der Tasche übernahm sie anschließend in der Offenburger Kronenbrauerei das Qualitätsmanagement und die Qualitätssicherung.

Mit diesem Grundstock kehrte sie im Januar dieses Jahres zurück ins Kulmbacher Land und übernahm erste Verantwortung im elterlichen Betrieb. "Die Brauerei ist technisch auf einem Stand, mit dem wir die nächsten Jahre gut arbeiten können", ist Yvonne Wernlein überzeugt. Inzwischen hat sie sich so gut eingearbeitet, dass sie Sudhaus, Gär- und Lagerkeller bereits alleine beherrscht. "Was nicht so regelmäßig anfällt, zum Beispiel Filtration und Abfüllung, da lasse ich mir noch gerne helfen. Aber alles, was das Zwick'l betrifft, da bin ich fit." Je nach Bedarf setzt die Familie Wernlein alle zwei bis drei Wochen einen Sud an. Die Hauptsorten sind dabei Vollbier, Pils und das unfiltrierte Zwick'l. Das Sortiment vervollständigen die Bio-Biere, an denen sie bereits mitgewirkt hat, sowie das "Anno 1531" aus dem Jubiläumsjahr und saisonal bedingt der bekannte "Haberstumpf-Bock".

Zukunftspläne

Yvonne Wernlein hat durchaus eigene Ideen für die Zukunft. "Ich habe schon mal über ein Weizenbier nachgedacht für den Sommer. Aber da muss ich mich noch mit meinem Vater auseinandersetzen." Dann ist da noch ein Projekt, das zurzeit ihre ganze Aufmerksamkeit fordert: Die Einrichtung einer eigenen Brauereigaststätte. Der Gedanke kam ihre bereits im Herbst vorigen Jahres und entstand aus der Erkenntnis, dass der Bierkonsum außer Haus immer mehr zurückgeht.

"Der Bräu", Yvonnes Vater Hans Wernlein, kennt die verschiedenen Gründe: "Früher sind wir um sechs Uhr morgens losgefahren und haben alle zwei, drei Tage zehn bis fünfzehn Baustellen und Kantinen beliefert. Das ist alles weggefallen. Neue Gaststätten können die kleinen Brauereien nicht mehr gewinnen, weil die großen beispielsweise Theken für 15 000 Euro kostenlos anbieten können. "Ich sehe unsere Zukunft hier in der Brauerei, in der Direktvermarktung", ist Hans Wernlein überzeugt.

Entstehen soll die Brauereigaststätte in einem sechs Meter hohen Raum, der bis Ende der Vierzigerjahre als Eiskeller diente und seither nicht verändert wurde. Es soll möglichst viel der ursprünglichen Optik erhalten bleiben. An der Decke sieht man noch eine mit Holz vernagelte Luke. Von dort wurde früher das Eis über Rutschen in den Raum hinabgelassen. Der "Bräuschänke", wie sie offiziell heißen wird, wird ein Biergarten vorgelagert. Von hier aus hat man einen herrlichen Blick auf das Weißmaintal mit den ehemaligen Weinbergen, und an der Kirche vorbei ins Fichtelgebirge bis zum Ochsenkopf. "Wir wollen spätestens im Fasching nächsten Jahres eröffnen, werden ganz langsam mit Brotzeiten und kleinen warmen Gerichten anfangen und schauen, wie sich das Ganze entwickelt", gibt sich Yvonne Wernlein, die künftige Brauereichefin, zuversichtlich.

Zur Historie

Die Brauerei besteht seit 1531, das Brau- und Schankrecht bereits seit 1398.

1749 wurden die Felsenkeller eingerichtet, die zur Lagerung dienten.

1896 Bau des Eishauses, wo jetzt die Gaststätte entsteht.

1968 Bau des Sudhauses an der jetzigen Stelle, 1970 Bau der heutigen Brauerei.