Wunsiedel Wunsiedel trotzt Rechten und Corona

Bürgermeister Lahovnik findet deutliche Worten gegen den "Dritten Weg" und Querdenker. Auf dem Marktplatz stimmen ihm rund 180 Besucher zu.

 
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Wunsiedel - "Es hatte nicht besser laufen können!" Christine Lauterbach, eine der Sprecherinnen von "Wunsiedel ist bunt", zieht einen Tag nach der Veranstaltung auf dem Marktplatz ein durchweg positives Fazit. "Wir haben gezeigt, dass man auch in dieser schwierigen Corona-Zeit für etwas auf die Straße gehen kann. Wir haben eine Veranstaltung für Vielfalt, Demokratie und Zusammenhalt auf die Beine gestellt."

Braucht‘s während einer Pandemie eine Kundgebung, eine Demonstration? Diese Frage hat die Organisatoren des Netzwerkes lange Zeit umgetrieben. Schlussendlich lautete die Antwort: Ja. Und es sei die richtige Entscheidung gewesen. Die strengen Hygienebestimmungen und die Abstandsregelungen hätten gegriffen.

Hilfreich waren in diesem Zusammenhang die bunten Schwimmnudeln, die die Veranstalter gleichsam als Abstandshalter einsetzen. Und die Teile, die eigentlich fürs Wasser hergestellt werden, dienten den Organisatoren darüber hinaus als Zähler: 200 Schwimmnudeln hatte "Wunsiedel ist bunt" für diesen Nachmittag angeschafft, und der allergrößte Teil dieser Schaumstoff-Schlangen war während der Kundgebung im Umlauf. Von daher kann Christine Lauterbach die Rechnung aufmachen: "Zwischen 160 und 180 Besucher waren bei uns auf dem Marktplatz." Sehr erfreut ist die Sprecherin auch darüber, dass es im Internet rund 900 Zugriffe auf die Seite gab, auf denen die Aktionen per Livestream übertragen wurden.

Bürgermeister Nicolas Lahovnik verzichtete bewusst darauf, an der Demonstration in der Innenstadt teilzunehmen. Er habe sich auferlegt, alles, was digital möglich ist, in diesen Pandemie-Zeiten auch digital zu tun, um Kontakte nach Möglichkeit zu vermeiden und mitzuhelfen, die Pandemie einzudämmen. Trotzdem sei es sehr wichtig, für die Demokratie einzutreten. "Ich bedaure es daher sehr, dass Corona es verhindert, dass wir alle gemeinsam ein wahres Fest der Demokratie feiern können", heißt es in Lahovniks Videobotschaft, die auf einer Leinwand auf dem Marktplatz zu sehen war.

Die Pandemie gebiete es, keine größeren Präsenzveranstaltungen abzuhalten - auch wenn das Grundgesetz es zulassen würde. Das Demonstrationsrecht sei schließlich eines der höchsten Güter der Verfassung. Er sei froh darüber, dass die Veranstaltung weitestgehend ins Digitale verlegt worden sei. "Ich bin dankbar, dass unsere Stadt dadurch nicht stumm ist, sondern über das Netz online miteinander verbunden bleibt und lautstark für Demokratie eintritt. Es könnte für die heutige Veranstaltung kein besseres Motto geben als ,Abstand halten - vor allem nach rechts’ ", sagte Lahovnik. Und weiter: "All das also im krassen Gegensatz zu jenen, die derzeit auf sogenannten Querdenker-Demos ihr Unwesen treiben. Von denen grenzen wir uns ebenso deutlich ab wie von dem Gesindel der rechtsextremen Partei ,Der dritte Weg’, vor dem unsere Stadt gottlob in diesem Jahr verschont bleibt."

Er und die Stadt Wunsiedel gingen auf Abstand zu denen, die vor dem Reichstag Reichskriegsflaggen wehen lassen, und zu denen, die neben ihnen hertrotten: "Pandemie-Leugner, sogenannte Querdenker, Seit‘ an Seit‘ mit bekennenden Nazis." Der Dritte Weg verkörpere all das in einer besonders perfiden Weise. "Ich bin stolz, Bürgermeister einer Stadt zu sein, in der alle gesellschaftlichen Kräfte, alle Bürgerinnen und Bürger, konstruktiv und aktiv gegen den Rechtsextremismus kämpfen." In Wunsiedel werde es immer heißen: "Keine Radikalen in unserer Stadt!" Wunsiedel sei eine Stadt der Vielfalt, der Demokratie und der Toleranz - eine Stadt, in der Antisemitismus, Fremdenhass und Demokratiefeinde keinen Platz hätten; "Heute nicht und auch nicht in Zukunft."

Nour Altabbaa vom Awo-Integrationsprojekt "Wir alle sind Wunsiedel" und Celina Krauß, Schülersprecherin des Luisenburg-Gymnasiums, traten in ihren Reden ebenfalls gegen Hass, Rassismus und Menschenfeindlichkeit und für Freiheit und Demokratie ein. "Das ist eine mega-coole Veranstaltung. Nazis sind hier nicht willkommen. Wir sind alle gegen rechts", sagte Krauß.

Friedensandacht an mehreren Stationen, Gebete entlang der Todesmarschrouten, Info-Stände und Musik der Wunsiedler Band "Rough Religion" gehörten ebenfalls zu diesem bunten Nachmittag.

Den Mitgliedern von "Wunsiedel ist bunt" ist klar, dass die Rechtsextremen eines Tages wieder kommen können. Der Spuk sei in diesem Jahr vor allem wegen Corona ausgeblieben. Christine Lauterbach verspricht für die Zukunft: "Uns geht die Puste nicht aus. Wir sind da." red

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