Wunsiedel Zoff in Wunsiedel: Beck will Baukindergeld auszahlen

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Einer von vielen Punkten, die in einer turbulenten Sitzung für Zoff sorgen: Die Mehrheit im Wunsiedler Stadtrat plant, mit Haushaltsresten aus dem Jahr 2012 die derzeit auf Eis gelegte Förderung für 2013 begleichen.

 
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Wunsiedel - Der Haushalt ist nicht genehmigt, das Baukindergeld liegt auf Eis, freiwillige Leistungen wie Vereinszuschüsse sind problematisch - und dann noch der Wahlkampf und der immer näher rückende Termin zur Stadtratswahl: Das alles waren die Zutaten für eine streckenweise doch recht hitzige Stadtratssitzung am Donnerstagabend im Wunsiedler Rathaus. In den drei Stunden der öffentlichen Sitzung gab es so manchen verbalen Schlagabtausch, etliche Zwischenrufe und immer wieder mal Zwischenapplaus per Tischklopfen (vor allem auf der CSU-Seite).

Jenseits aller Emotionen lauten die drei wichtigsten Beschlüsse:

Die Stadt Wunsiedel will das derzeit gestoppte Baukindergeld für das Jahr 2013 auszahlen; die Stadt will die noch offene Vereinsförderung aus dem Jahr 2013 begleichen; die Stadt will keinen neuen genehmigungsfähigen Haushalt 2014 aufstellen, sondern weiterhin ohne genehmigtes Zahlenwerk agieren.

1. Baukindergeld: Die Stadtratsmehrheit hat sich dafür ausgesprochen, dass die Familien, die im Jahr 2013 einen Förderantrag aus dem Sonderprogramm "Familienfreundliches Wunsiedel" und aus dem Programm Baukindergeld gestellt haben, doch noch zu ihrem Geld kommen sollen. Die Auszahlung von insgesamt 143 000 Euro liegt derzeit auf Eis - zum einen wegen des nicht genehmigten Haushalts (wir berichteten mehrfach), aber auch , wie Bürgermeister Karl-Willi Beck am Donnerstagabend sagte, wegen einer Beschwerde von Stadtrat Michael Flood beim Staatsministerium es Innern gegen einen Stadtratsbeschluss vom 12. Dezember 2013. Um das Baukindergeld 2013 doch auszahlen zu können, will Beck auf Haushaltsreste aus dem Jahr 2012 zugreifen. Er will das Geld verwenden, das für die Sanierung des Anwesens Marktplatz 1 (Alte Apotheke) vorgesehen war, und auf diese Maßnahme vorerst verzichten. Beck nannte dieses Vorgehen Prioritätensetzung. Umgesetzt werden kann diese Entscheidung, wenn die Regierung von Oberfranken zustimmt.

Für das Jahr 2014 soll das Baukindergeld ausgesetzt werden - "bis auf Weiteres", wie es im Beschluss heißt. Zudem soll die Verwaltung mit der Regierung von Oberfranken und dem Landratsamt über die Fortsetzung des Programms verhandeln. Nicht nur wegen der Erfolge und der demografischen Entwicklung, sondern auch wegen der Pilotfunktion im Landkreis.

Soweit der Beschluss. Es wiesen zwar alle Fraktionen auf den Nutzen des Baukindergeldes hin, bei der rechtlichen Einschätzung des Beschlusses gingen die Meinungen dazu weit auseinander: "Wir verstoßen gegen das Recht" (Konrad Scharnagl, SPD), "Eine Restbildung ist aus Gründen einer Schattenwirtschaft nicht zulässig" (Michael Flood, fraktionslos), "Wenn wir uns diese Tür offenhalten, dann besteht wenigstens die Möglichkeit, das Geld auszahlen zu können"(Hermann Sirtl, CSU), "Wir sehen uns in einer moralischen Verpflichtung" (zweiter Bürgermeister Roland Schöffel, Freie Wähler), "Haushaltsreste aus 2012 in einer haushaltslosen Zeit zugunsten freiwilliger Leistungen zu verschieben, ist rechtswidrig" (Wolfgang Kohler, ABW).

Mit 17 zu 6 stimmte der Stadtrat dann für die Auszahlung des Baukindergeldes 2013. Auch die ABW trug trotz aller Bedenken den Beschluss mit, weil "die Prämisse ,vorbehaltlich der rechtsaufsichtlichen Genehmigung' neu aufgenommen wurde", so Wolfgang Kohler.

2. Vereinsförderung: Wegen des nicht genehmigten Haushaltes hat die Stadt für das Jahr 2013 mehrere Zuschüsse an Vereine bislang nicht ausgezahlt. Die Mehrheit von Freien Wählern und CSU stimmte nun für die Auszahlung (siehe Tabelle). Bürgermeister Beck war der Meinung, dass das Landratsamt diese freiwillige Leistung in seinem Schreiben zum Wunsiedler Haushalt nicht explizit untersage. Er stützte sich dabei auf folgenden Satz aus dem Schreiben der Aufsichtsbehörde: "Freiwillige Leistungen (zum Beispiel Vereinsförderungen) sind zunächst nur insoweit zulässig, um keine politisch oder wirtschaftlich unvertretbar Schäden entstehen zu lassen." Auch hier gab es unterschiedliche Meinungen: Manfred Söllner bezeichnete es als "nicht seriös", gegen gesetzliche Vorgaben zu verstoßen. Er forderte einen Verschiebung, bis die gesetzlichen Voraussetzungen gegeben sind.

Anträge für 2014 werden bis zur Verabschiedung des Haushaltskonsolidierungskonzeptes zurückgestellt.

3. Haushalt 2014: SPD-Fraktionssprecher Manfred Söllner beantragte, dass die Stadt einen genehmigungsfähigen Haushalt für das Jahr 2014 erstellen soll. Durch die nicht genehmigten Kreditaufnahmen habe die Stadt keinen rechtsgültigen Haushalt. Söllner: "Das bedeutet, dass für jegliche neue Investition eine Einzelgenehmigung beantragt werden muss. Außerdem sind keine freiwilligen Leistungen möglich." Die Stadtratsmehrheit lehnte eine Haushaltsverabschiedung "zum derzeitigen Zeitpunkt" ab. Laut Bürgermeister Beck müsse der Stadtrat zunächst das Konsolidierungsgutachten des Prüfungsverbandes beraten. Das liegt aber noch in München. "Bis wir das Gutachten haben und bis es dann diskutiert ist, sind wir schon so weit, dass wir den Haushalt 2015 diskutieren müssten", sagte Kämmerer Udo Kilgert. Wunsiedel wird nun bis auf Weiteres ohne genehmigten Haushalt arbeiten und immer wieder auf Einzelgenehmigungen des Landratsamtes setzen. Beck: "Dass man mit Einzelgenehmigung nicht handlungsfähig ist, stimmt nicht." Generell appellierte der Bürgermeister in der Sitzung, klaren Kopf zu bewahren. "Der Blick nur auf die Verschuldung ist viel zu eng gefasst."

Wir vermissen jeglichen Sparwillen, wir vermissen jegliche Solidarität.

SPD-Fraktionssprecher Manfred Söllner

Beim Haushalt haben Sie Fundamentalopposition betrieben.

Bürgermeister Karl-Willi Beck zur SPD-Fraktion

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