Selbitz Kleine Jobs, große Hilfe

Sandra Hüttner
Sie stehen für die Taschengeldbörse (von links): Anna und Jonathan Benoit mit Mutter Martina, Bürgermeister Stefan Busch, Adelheid Wagenführer, Christian und Andreas Wilsdorf und Heiner Wolf vom Landratsamt Hof. Foto: Hüttner Quelle: Unbekannt

Die Taschengeldbörse in Selbitz läuft gut. Junge Leuten mähen bei alten Menschen den Rasen oder kaufen für sie ein. Die Nachfrage steigt.

 
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Selbitz - Rasen mähen, Laub harken, Gassi gehen: Für Selbitzer Jugendliche gibt es viel zu tun, zumal die Nachfrage für Hilfsdienste mit der Corona-Pandemie noch gestiegen ist. Doch schon vorher lief in der Bockpfeiferstadt das Projekt "Taschengeldbörse" sehr gut, Start war 2018.

Gut zu wissen

2018 startete die Nachbarschaftshilfe in Selbitz als Projekt. Das Modell der Nachbarschaftshilfe besteht aus verschiedenen Bausteinen: Taschengeldbörse, Einbindung aller Altersschichten, vielfältige generationenübergreifende Events und Kooperation mit Schulen. Der Wunsch, dies in Selbitz zu etablieren, kam von Adelheid Wagenführer, die es an das Koordinierungszentrum Bürgerschaftliches Engagement (KoBE), die zentrale Anlaufstelle für Fragen rund um das Ehrenamt im Landkreis Hof, herangetragen hat. Wagenführer ist Mitglied des Seniorenbeirates der Stadt Selbitz und seit Jahrzehnten vielfältig bürgerschaftlich engagiert. Gemeinsam wurde ein Konzept erarbeitet, das bereits mit dem Förderpreis "Generationenübergreifendes Lernen" des Bayerischen Staatsministeriums für Arbeit und Soziales, Familie und Integration ausgezeichnet wurde. Die Erfahrungen aus dem Pilotprojekt kommen auch anderen Städten und Gemeinden zugute.

Die Taschengeldbörse ist Teil des Projektes "Nachbarn für Nachbarn", der generationenübergreifenden Nachbarschaftshilfe in der Stadt Selbitz und deren Ortsteilen. Schnittstelle und Vermittlung zwischen den Hilfesuchenden und den Jugendlichen ist Adelheid Wagenführer, Ideengeberin des Projektes. Die Taschengeldbörse richtet sich an Jugendliche im Alter von 14 bis 18 Jahren. Dabei können die Jugendlichen mit kleinen Hilfeleistungen ihr Taschengeld aufzubessern. "Fünf Euro Vergütung erhalten die Jugendlichen pro Stunde, zumindest lautet so die Empfehlung", merkt Heiner Wolf, vom Koordinierungszentrum Bürgerschaftliches Engagement (KoBE) an. Er betont, dass die Angebote nicht in Konkurrenz zu Gewerbetreibenden stehen, da es sich um geringfügige Hilfeleistungen handelt wie etwa "Rasen mähen auf einer "Minifläche".

Die Brüder Andreas und Christian Wilsdorf sind seit gut einem Jahr aktiv und berichten nur Positives. "Unsere Mutter hat uns auf die Möglichkeit, unser Taschengeld aufzubessern aufmerksam gemacht. Wir dachten uns, mehr Taschengeld kann ja nicht schaden, und das wird gespart für den Führerschein." Die beiden Jungs übernehmen hauptsächlich Gartenarbeiten, sie gehen auch Gassi mit Vierbeinern. "Wir sind überwiegend zu zweit im Einsatz, nur das Gassi- gehen im Ortsteil Rothenbürg erledige ich allein", erzählt Christian Wilsdorf. Die Brüder können das soziale Engagement nur weiterempfehlen, weil es ganz einfach Spaß mache, man nicht nur Leute kennenlernt und von ihrem Wissen profitiert, sondern ihnen auch helfen kann. Die beiden erzählen auch vom gemütlichen Plausch bei hausgebackenem Kuchen und Erzählungen von Selbitz in früheren Zeiten.

Neu im Boot sind Anna und Jonathan Benoit. "Wir haben im Bürgerblatt davon gelesen und sind der Meinung, dass es eine gute Gelegenheit ist, das Taschengeld aufzubessern und zugleich anderen Menschen zu helfen." Martina Benoit unterstützt das soziale Engagement ihrer Kinder und weiß um die Bereicherung für beide Seiten. "Die älteren Leute können ihre Lebensweisheiten weitergeben, der Austausch zwischen Jung und Alt wird gefördert, und die Jugendlichen können sich mit ihren Fähigkeiten einbringen", erläutert Martina Benoit. Über die Geschwister sagt sie, sie seien im Umgang mit älteren Menschen geübt, da sie ihre 85-jährige Oma unterstützen. "Ich backe sehr gerne und kann im Haushalt helfen", erzählt die 14-jährige Anna, die auch gern das Einkaufen übernimmt, während Bruder Jonathan sich gut bei der Gartenarbeit auskennt und auch zu Hause tüchtig mit anpackt.

Für Bürgermeister Stefan Busch hat die Taschengeldbörse eine äußerst positive Entwicklung genommen. "Es ist erfreulich, wenn ein ins Leben gerufenes Projekt Früchte trägt." Adelheid Wagenführer spricht von "nur positiven Rückmeldungen" seitens der Hilfesuchenden. "Ich habe bisher nur Lob über die Einsätze des Brüderpaares gehört, sie sind "höflich, zuvorkommend, aufmerksam und hilfsbereit".

Heiner Wolf sieht die Taschengeldbörse als eine Verbindungsstelle zwischen den Generationen, von denen beide Seiten profitieren. Aktuell fragten mehr Leute nach Hilfeleistungen als es junge Leute gibt, die sich für die kleinen Jobs anbieten. Es gebe bereits eine Warteliste. Daher sollten sich junge Leute melden, die sich einbringen wollen.

Oft gehe es gar nicht um regelmäßigen Tätigkeiten, die nachgefragt werden. "Die Einsätze sind meist saisonal bedingt wie Rasenmähen oder im Herbst den Garten winterfest machen", erklärt Adelheid Wagenführer, die weiß, dass vieles für die älteren Menschen einfach zu schwer geworden sei. "So kann man durchaus auch von einmaligen Geschichten sprechen." Das bestätigt auch das mittlerweile erprobte Brüderpaar, das sowohl von mehreren Einsätzen bei gleichen Kunden erzählt wie von Einmaleinsätzen. Adelheid Wagenführer indes appelliert auch an die älteren Selbitzer, sich zu melden. "Es ist wirklich keine Schande, um Hilfe zu bitten", betont sie. Sie wisse um die zuverlässige Verstärkung durch die Geschwister Benoit, die ihren ersten Einsatz erst noch vor sich haben. Aufgeregt sind sie allerdings nicht, sondern eher neugierig. "Wir sind kontaktfreudig, da gibt es bestimmt keine Probleme."

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