Unmoralische Deals. Absprachen am Rande der Illegalität. Zweifelhafte Gefälligkeiten. Fragwürdige Parteispenden. Möglicherweise sogar Bestechung. Ein Oberbürgermeister, ein Bauunternehmer,ein Rathaus-Bediensteter und ein Ex-OB stehen im Visier der Ermittlungsbehörden. Die erleben gerade eine Sternstunde und lichten das Dickicht aus.

Die Bayern-SPD kann einem schon ein bisschen leid tun. Nicht nur, dass sie in Prognosen bei dürftigen 14 Prozent dahindümpelt. Jetzt kommt mit Joachim Wolbergs auch noch einer ihrer wenigen Hoffnungsträger ins Straucheln. Am Wochenende ist der Chef der Landtagsfraktion, Markus Rinderspacher, auf Distanz gegangen. Eine kritische Sicht gibt es in der CSU auch auf ihren Hans Schaidinger, der unter schwerem Verdacht steht. Hat er sich wirklich mit einem Beratervertrag mit einem Monatshonorar von 20 000 Euro von einem Bauunternehmen kaufen lassen? Mit Absetzbewegungen der Parteien von OB und Ex-OB ist es aber noch lange nicht getan. Sie müssen sich endlich ernsthaft fragen, ob die Parteispenden-Praxis transparent genug ist: Es ist völlig inakzeptabel, dass Spenden erst ab einer Höhe von 10 000 Euro veröffentlicht werden müssen. Und es ist unfassbar, dass es keine Obergrenze für Parteispenden gibt: Parteienforscher Michael Koß hat die 100 000-Euro-Grenze ins Gespräch gebracht.
Richtig weh tut die Affäre aber der Stadt und der Verwaltung, ja dem Standort Regensburg. Ein derartiger Skandal beschädigt den Ruf einer Stadt. Er hemmt die Entwicklung. Welcher Investor will sich an einem Wirtschaftsstandort engagieren, an dem er die Unterstützung der Politik nicht wegen seiner guten Ideen und ausgefeilter Konzepte bekommt, sondern wegen Geschenken und Gefälligkeiten? Stadt und Verwaltung werden noch viele Erklärungen liefern müssen, was bei ihnen hinter den Kulissen so abläuft. Und sie haben dafür zu sorgen, dass künftig Entscheidungswege und Strukturen transparent werden. Nur so kommt die Glaubwürdigkeit zurück.

Der Skandal hat auch das Zeug dazu, das Ansehen der Politik und ihrer Akteure weiter zu verschlechtern. Er liefert ein Bild von Großkopferten jeglicher Couleur, die den Hals nicht voll genug kriegen. Moralisches Fehlverhalten und Käuflichkeit wird es immer geben, aber – und das ist die positive Erkenntnis – in Deutschland kommt man damit nicht automatisch durch. Denn die Justizbehörden – nach dem Attentat von Berlin werden sie gerne unter den Generalverdacht des Nichtfunktionierens gestellt – erleben gerade eine Sternstunde: Sie ermitteln akribisch, sie decken auf und sie scheuen sich auch nicht davor, einen Mächtigen in Untersuchungshaft zu nehmen. Zudem bewiesen die Ermittlungsbehörden etwas, was ihnen in Pegida-Zeiten abgesprochen wird: Unabhängigkeit und Unparteilichkeit. Sie arbeiten ohne Rücksicht aufs Parteibuch, ohne Rücksicht auf die Person. Der eingeschlagene Weg ist der richtige. Die Strafverfolger müssen ihn jetzt konsequent weitergehen, weiter in der Tiefe schürfen und den Sumpf trocken legen. Komplett. Damit in Regensburg ein sauberer Neuanfang möglich ist. Und unabhängig davon: OB Wolbergs muss den Hut nehmen – er ist kein würdiger Repräsentant einer bayerischen Großstadt mehr.