Wunsiedel Corona stoppt Nazi-Marsch nicht

Nach derzeitigem Stand werden am 14. November wieder Rechtsextreme in Wunsiedel marschieren. Auch die Polizei wird mit mehreren Hundertschaften vor Ort sein. Archivbild: Matthias Bäumler Quelle: Unbekannt

Aller Voraussicht nach werden die Anhänger der rechtsextremen Partei "Der dritte Weg" in Wunsiedel marschieren. Das bürgerliche Lager ist auch darauf gut vorbereitet.

 
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Wunsiedel - So mancher Wunsiedler hatte gehofft, dass die Corona-Pandemie den mittlerweile alljährlichen Nazi-Aufmarsch im November in Wunsiedel verhindern würde. Dies ist aller Wahrscheinlichkeit nach nicht der Fall. Auch wenn die Corona-Ampel auf Dunkelrot springen würde, was bei einer Sieben-Tage-Inzidenz von 100 der Fall wäre, dürften Demonstrationen stattfinden. "Normale" Veranstaltungen sind in diesem Fall zwar auf 50 begrenzt, doch für Demonstrationen und Gottesdienste gibt es Ausnahmen. Ein Blick auf die Homepage der rechtsextremen Partei "Der dritte Weg" zeigt, dass sich die braune Szene am 14. November in Wunsiedel versammeln will.

Die Neonazis werden an dem Tag allerdings nicht allein auf den Straßen sein. Trotz Corona veranstalten das Netzwerk "Wunsiedel ist bunt" und weitere Initiativen einen Tag, an dem sie für Mitmenschlichkeit, Vielfalt und Toleranz und gegen menschenverachtende Ideologien eintreten. "Wir hätten den Tag auch unabhängig vom Marsch des ,dritten Weges’ veranstaltet", sagt Svenja Faßbinder, die zusammen mit Christine Lauterbach Sprecherin von "Wunsiedel ist bunt" ist. Es gehe an dem Tag nicht nur um eine Gegenveranstaltung. Vielmehr träten all die Gruppen, Kirchen, Gewerkschaften und Parteien für die Demokratie ein.

Wegen der Corona-Pandemie wird der Tag anders als üblich ablaufen. "Natürlich haben wir ein striktes Hygienekonzept", kündigt Christine Lauterbach an. So werden die Teilnehmer an den verschiedenen Veranstaltungen im Stadtgebiet Masken tragen und mindestens eineinhalb Meter Abstand halten. Auch den virtuellen Raum nutzen die bürgerlichen Kräfte. Ursprünglich war im Jugendzentrum ein Musikfestival geplant. Da sich derzeit aber nur 20 Besucher im Juz-Saal aufhalten dürfen, wird das Konzert ins Internet verlegt.

Die Kirchen beteiligen sich ebenfalls in großem Stil am Tag der Demokratie in Wunsiedel. Dekan Peter Bauer bekräftigt im Gespräch mit unserer Zeitung, wie sehr es ihm und den beiden Großkirchen ein Anliegen ist, für die Mitmenschlichkeit einzutreten. Die Corona-Auflagen seien kein Problem. "Wir haben ein sehr gutes Schutzkonzept. Aus diesem Grund hat es bislang auch noch keinen Corona-Ausbruch wegen eines Gottesdienstes gegeben." Am 14. November werde dies nicht anders sein. "Natürlich stehen unsere Schutzteams bereit, die die Gottesdienstbesucher betreuen und sich darum kümmern, dass die Auflagen eingehalten werden." Bei Gottesdiensten im Freien gibt es laut Bauer zudem keine Teilnehmer-Obergrenzen.

Christine Lauterbach und Svenja Faßbinder gehen fest von einem guten Besuch aus. "Corona ist sicherlich ein Problem, aber niemand muss befürchten, in ein unkontrolliertes Gedränge zu geraten. Wir bieten an vielen Orten im Stadtgebiet zu unterschiedlichen Zeiten Veranstaltungen an, da ist für jeden etwas dabei. Dadurch können die Abstände gut eingehalten werden", so Faßbinder.

Darüber, ob das auch für die rechtsextremen Marschierer gilt, die dem Vernehmen nach versuchen, ihre Kundgebung näher in der Innenstadt zu halten, lässt sich nur spekulieren. Nicht spekulieren muss man mit Blick auf die Homepage der Splitterpartei "Der dritte Weg" über deren unverhohlen völkische Gesinnung.

In den frühen 2000er-Jahren ist es den Wunsiedlern vor allem darum gegangen, die Neonazis von der Innenstadt fernzuhalten. Mittlerweile ist klar, dass, egal was die Partei "Der dritte Weg" und deren Gesinnungsgenossen unternehmen, immer eine Mehrzahl bürgerlicher Kräfte dagegenhält.

Martin Becher, der Leiter der Projektstelle gegen Rechtsextremismus, sieht die Zivilgesellschaft in Wunsiedel auch in Zukunft bestens gewappnet im Kampf gegen rechte Umtriebe. "Im Netzwerk Wunsiedel ist bunt ist mit Christine Lauterbach und Svenja Faßbinder der Generationswechsel nach Matthias Popp und Karl Rost bestens geglückt. Auch auf Seiten der Kirchen ist mit Peter Bauer der Dekan dem engagierten Pfarrer Jürgen Schödel gefolgt, der sich mittlerweile im Ruhestand befindet." Und in der Politik? "Da besteht bei Bürgermeister Nicolas Lahovnik kein Zweifel, dass er mit seinem Einsatz gegen Rechts ein würdiger Nachfolger für Karl-Willi Beck ist."

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