Innovation aus Hof Hochschule will Aquakultur revolutionieren

red
So sieht ein Aufwuchskörper Foto: /Hochschule Hof

Forschende der Hofer Hochschule entwickeln einen neuen sogenannten Aufwuchskörper aus Biokunststoff, der unter Wasser Nährstoffe freisetzen soll. Das wäre etwas völlig Neues.

 
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Hof - Forschende der Hochschule Hof wollen den Arbeits- und Materialeinsatz unter anderem bei der Bewirtschaftung von geschlossenen Aquakulturanlagen senken. Gelingen soll das mit Hilfe biologisch abbaubarer, sogenannter Aufwuchskörper zur Wasserreinigung. Sie könnten konventionelle Reinigungselemente aus erdölbasiertem Kunststoff schon bald ersetzen und somit die Umweltverträglichkeit erhöhen. Das Forschungsprojekt dazu läuft seit April 2021.

Die Aquakultur gehört zum am schnellsten wachsenden Lebensmittelsektor mit einer jährlichen Produktion im Wert von 250 Milliarden US-Dollar. Aufwuchskörper sind dabei nicht wegzudenken: Durch ihre große Oberfläche, auf der Bakterien siedeln, helfen sie giftige Stoffwechselprodukte in eine unbedenklichere Form zu überführen. So wird Wasser gespart und die Umwelt geschützt.

Doch bestehen Aufwuchskörper in der Regel aus erdölbasierten Kunststoffen, wie Polyethylen (PE) und Polypropylen (PP). „Ihr Recycling ist aufwendig und Kunststoffmüll in den Weltmeeren und Gewässern stellt die Menschheit vor eine große Herausforderung – aus Kunststoffmüll kann schließlich Mikroplastik entstehen, das wir über unser Essen selbst wieder zu uns nehmen. In jedem Fall wirkt es schädlich auf die Umwelt und ihre Organismen ein“, erklärt Harvey Harbach, Projektleiter und Ideengeber des aktuellen Forschungsprojekts des Institutes für Wasser- und Energiemanagment (iwe) der Hochschule Hof. Gefördert wird das bis 2023 laufende Projekt durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie im Rahmen des zentralen Innovationsprogrammes Mittelstand (ZIM).

Generell gilt es, Stoffe zu finden, die konventionelle Kunststoffe ersetzen können. Im Fall der Aufwuchskörper bietet sich als Werkstoff der Einsatz von Biokunststoff an. In enger Kooperation der beiden an der Hochschule Hof ansässigen Institute für angewandte Biopolymerforschung (ibp) und für Wasser und Energiemanagement (iwe) beschäftigt sich ein Forscherteam genauer mit dieser Thematik. In Zusammenarbeit mit der Christian Stöhr GmbH & Co. KG aus Marktrodach werden seit Anfang April 2021 unter dem Projektnamen „BioBioCarrier“ vollständig biologisch abbaubare Aufwuchskörper für die biologische Wasseraufbereitung entwickelt.

„Die Schwierigkeiten im Projekt liegen bei der richtigen Auswahl der Biopolymere und der damit verbundenen Abbaubarkeit im Wasser. Der neue Aufwuchskörper darf sich nicht zu schnell im Süßwasser abbauen“, erklärt Projektmitarbeiterin Christin Baumgart (ibp). Durch die Kombination verschiedener Polymere miteinander sollen neue Eigenschaften entstehen: „Das bedeutet, dass die biologische Abbaubarkeit in Wasser angepasst werden kann.“

Die bisherigen Ergebnisse sehen vielversprechend aus. Es ist bereits gelungen, Fortschritte zu erzielen und Lösungswege zu identifizieren. Bis zur Marktreife sind jedoch noch einige Hürden zu nehmen. Projektmitarbeiter Sebastian Kanne (iwe) erläutert: „Da die Anwendung in der Aquaponik stattfindet, müssen die Stoffe auch für die Fische und Pflanzen geeignet sein.“ Bei Aquaponik handelt es um ein Verfahren, das die Aufzucht von Wassertieren und die Kultivierung von Pflanzen im Wasser verbindet. Die eingesetzten Stoffe müssen daher unbedenklich sein, biologisch abbaubar und idealerweise biobasiert.

Eine entscheidende Herausforderung im Projekt könnte einen Durchbruch innerhalb der betroffenen Industrie bedeuten: In aquaponischen Systemen müssen in regelmäßigen Abständen manuell Nährstoffe zugegeben werden, ohne die Pflanzen nicht oder nur schlecht wachsen können. Das erfordert vorangegangene Messungen, folglich Labortechnik, somit Arbeitszeit und ist letzten Endes äußerst kostenintensiv. „Unsere Idee ist es, den biologischen Abbau des Produktes mit dem Freisetzen der für die Pflanzen benötigten Stoffe zu kombinieren. Das würde folglich die Arbeitszeit sowie die notwendige Laborausstattung reduzieren und entscheidend die Wirtschaftlichkeit verbessern“, erklärt Harbach. „Zur Zeit sind keine vergleichbaren Produkte auf dem Markt. Hier würde es sich um eine echte Innovation handeln, die dem Partnerunternehmen eine hervorragende Marktposition bieten, Geld in die Region holen und Arbeitsplätze ausbauen würde. Wir arbeiten auf Hochtouren und rechnen schon bald mit dem Durchbruch, sodass dieses Produkt dann zwischen Fischen und Pflanzen nicht mehr wegzudenken ist.“

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